Besuch bei der afghanischen Botschafterin – Brief zu Beginn des Arbeitsjahres

Im August 2021 besuchte Pfarrer Martin die damalige afghanische Botschafterin in Österreich. Dies veranlasste ihn, einen Brief zum Fest der Kreuzerhöhung 2021 zu verfassen. Er beschäftigt sich mit der schwierigen Situation vieler Jugendlichen und wie der Glaube und wir als Kirche dabei helfen können.


Liebe Gemeindemitglieder!

Vor zwei Wochen habe ich die afghanische Botschafterin Manizha Bakhtari besucht. Das einstündige Gespräch war sorgenvoll. Als wir über die jungen afghanischen Männer, die als Flüchtlinge nach Europa kommen, sprachen, wurde ihre Stimme brüchig: „Diese jungen Leute haben selten die Güte und Wärme einer Familie erlebt, sie kennen wenig vom familiären Umgang, denn sie sind in Flüchtlingslagern rund um Afghanistan aufgewachsen. Ihnen fehlt das Wort der Mutter und des Vaters. Darum gibt es Probleme. Aber sie sind doch Menschen, um die wir uns sorgen.“

Letzte Woche konnten wir einen österreichischen Jugendlichen taufen, der eine schwierige Familiengeschichte hinter sich hat. Im Religionsunterricht aber hat er gespürt, dass der Glaube ihm Halt und Sinn gibt. Er hat sich auf die Taufe und Erstkommunion mit dem Lesen der Bibelstelle vorbereitet: „Jesus nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“

Junge Menschen, die aus dem Glauben heraus ein Ziel und einen Sinn finden, verändern die Welt zum Guten. Sie packen an. Das war auch die Stärke unserer Pfarrpatronin Hildegard Burjan: Sie hat Not gesehen, analysiert und sich für die Schwachen in der Gesellschaft eingesetzt. Sie hat nicht gefragt, was die Anderen tun könnten oder die Politik übernehmen sollte. Sie hat Lösungen entworfen und umgesetzt.

Als Pfarre sind wir ein Ort, an dem das versucht wird. Wir nehmen und geben. Talente, Zeit, Einsatz, Geld. Wir sind sozusagen eine Umverteilstation. Oft ist das mühsam; nicht immer können wir sofort gute Ergebnisse sehen. Aber wir wissen, dass es Früchte bringt, dann können wir auch mit dem Hl. Paulus sprechen: Christus lebt in mir.

Dieses Jahr möchte ich euch zwei Gedanken mitgeben: Das eine ist das Leitbild unserer Pfarre, insbesondere der Punkt, in dem es heißt: Gott schenkt, was wir nicht kaufen können – darum beten wir um seine Hilfe und Kraft. Ohne das Wirken des Heiligen Geistes bleiben unsere Anstrengungen unvollkommen.

Das zweite ist ein Vortrag des im November 2020 verstorbenen Rabbiners Jonathan Sacks, eines intellektuellen Giganten. Seine Antwort auf die Frage: „Wie wir der Zukunft ohne Angst begegnen können?“ ist eine gute Inspiration.

Gottes Segen für dieses neue Schul- und Arbeitsjahr!
Euer Pfarrer Martin Rupprecht