Wie wir der Zukunft ohne Angst begegnen können

Eine Rede von Rabbi Jonathan Sacks (gekürzt)

Wir haben spaltende Wahlen und gespaltene Gesellschaften erlebt. Wir haben ein Anwachsen des Extremismus in Politik und Religion erlebt, und all das wird geschürt durch Angst, Ungewissheit und Furcht vor einer Welt, die sich fast schneller verändert, als wir es ertragen können, und durch das sichere Wissen, dass sie sich noch schneller verändern wird.

Gibt es also etwas, was wir tun können, jeder von uns, um der Zukunft ohne Angst entgegensehen zu können? Ich glaube, das gibt es. Und ein Weg dorthin ist, zu sehen, dass der vielleicht einfachste Weg in eine Kultur und in ein Zeitalter darin besteht, zu fragen: Was verehren die Menschen? Die Menschen haben so viele verschiedene Dinge verehrt – die Sonne, die Sterne, den Sturm.

Im 19. und 20. Jahrhundert verehrten die Menschen die Nation, die arische Rasse, den kommunistischen Staat. Was verehren wir? Künftige Anthropologen werden sich dieses wunderbare neue religiöse Ritual ansehen, das wir geschaffen haben. Kennen Sie dieses Ritual – das so genannte „Selfie“? Und ich denke, sie werden zu dem Schluss kommen, dass das, was wir in unserer Zeit anbeten, das Selbst ist, das Mich, und das ICH.

Und das ist großartig. Es ist befreiend. Es ist ermächtigend. Es ist wunderbar. Aber – vergessen Sie nicht, dass wir biologisch gesehen soziale Lebewesen sind. Wir haben die meiste Zeit unserer Evolutionsgeschichte in kleinen Gruppen verbracht. Wir brauchen diese Interaktionen von Angesicht zu Angesicht, in denen wir jene geistigen Güter wie Freundschaft, Vertrauen, Loyalität und Liebe schaffen, die uns von der Einsamkeit erlösen. Wenn wir uns zu sehr mit dem „Ich“ und zu wenig mit dem „Wir“ beschäftigen, können wir uns verletzlich, ängstlich und allein fühlen.

Daher denke ich, dass der einfachste Weg, das zukünftige „Du“ zu schützen, darin besteht, das zukünftige „Wir“ in drei Dimensionen zu stärken: das Wir der Beziehung, das Wir der Identität und das Wir der Verantwortung.

Das Wir der Beziehung

Es war einmal, vor sehr langer Zeit, da war ich 20 Jahre alt und studierte Philosophie im Grundstudium.

Ich war selbstbesessen und durch und durch unsympathisch, bis ich eines Tages auf der anderen Seite des Hofes ein Mädchen sah, das alles war, was ich nicht war. Sie strahlte Sonnenschein aus. Sie strahlte Freude aus. Ich fand heraus, dass ihr Name Elaine war. Wir trafen uns. Wir redeten. Wir heirateten. Und 47 Jahre, drei Kinder und acht Enkelkinder später kann ich mit Sicherheit sagen, dass dies die beste Entscheidung meines Lebens war. Die Menschen, die nicht so sind wie wir, lassen uns wachsen.

Das Problem mit den Google-Filtern und den Facebook-Freunden ist, dass wir fast ausschließlich von Menschen umgeben sind, deren Ansichten genau wie die unseren sind. Und Cass Sunstein aus Harvard hat gezeigt, dass wir extremer werden, wenn wir uns mit Menschen umgeben, die die gleichen Ansichten haben wie wir. Wir müssen die persönlichen Begegnungen mit Menschen, die nicht so sind wie wir, erneuern. Wir müssen das tun, um zu erkennen, dass wir sehr unterschiedlicher Meinung sein und trotzdem Freunde bleiben können. In diesen persönlichen Begegnungen entdecken wir, dass die Menschen, die nicht so sind wie wir, einfach Menschen sind wie wir. Und jedes Mal, wenn wir jemandem, der nicht so ist wie wir, dessen Klasse, Glaube oder Hautfarbe sich von der unseren unterscheidet, die Hand der Freundschaft reichen, heilen wir einen der Risse in unserer verwundeten Welt. Das ist das Wir der Beziehung.

Das Wir der Identität

Waren Sie schon einmal in Washington? Haben Sie die Denkmäler gesehen? Absolut faszinierend. Da ist das Lincoln Memorial: die Gettysburg-Rede auf einer Seite, die zweite Antrittsrede auf der anderen. Gehen Sie zum Jefferson Memorial, dort gibt es eine Menge Text. Martin Luther King Memorial, mehr als ein Dutzend Zitate aus seinen Reden. Ich wusste gar nicht, dass man in Amerika Denkmäler liest. Gehen Sie nun zu dem entsprechenden Denkmal in London am Parliament Square und Sie werden sehen, dass das Denkmal für David Lloyd George drei Worte enthält: David Lloyd George.

Nelson Mandela bekommt zwei. Churchill bekommt nur ein Wort: Churchill.

Warum der Unterschied? Weil Amerika von Anfang an eine Nation war, die von einer Einwanderungswelle nach der anderen überschwemmt wurde, so dass es eine Identität schaffen musste, und das tat es, indem es eine Geschichte erzählte, die man in der Schule lernte, die man auf Denkmälern las und die man in den Antrittsreden der Präsidenten wiederholt hörte. Großbritannien war bis vor kurzem keine Nation von Einwanderern, so dass es seine Identität als selbstverständlich betrachten konnte.

Das Problem ist nun, dass zwei Dinge geschehen sind, die nicht zusammengehören sollten. Erstens haben wir im Westen aufgehört, die Geschichte darüber zu erzählen, wer wir sind und warum wir so sind – sogar in Amerika. Und gleichzeitig ist die Einwanderung so hoch wie nie zuvor. Wenn man also eine Geschichte erzählt und die eigene Identität stark ist, kann man den Fremden willkommen heißen, aber wenn man aufhört, die Geschichte zu erzählen, wird die eigene Identität schwach und man fühlt sich vom Fremden bedroht. Und das ist schlecht.

Ich sage Ihnen, die Juden sind seit 2.000 Jahren verstreut, zerstreut und im Exil. Wir haben unsere Identität nie verloren. Und warum? Weil wir mindestens einmal im Jahr, am Pessachfest, unsere Geschichte erzählt und sie unseren Kindern beigebracht haben, und weil wir das ungesäuerte Brot des Leidens gegessen und die bitteren Kräuter der Sklaverei gekostet haben. So haben wir unsere Identität nie verloren. Ich denke, wir müssen gemeinsam dazu zurückkehren, unsere Geschichte zu erzählen, wer wir sind, woher wir kommen, nach welchen Idealen wir leben. Und wenn das geschieht, werden wir stark genug sein, den Fremden willkommen zu heißen und zu sagen: „Komm und teile unser Leben, teile unsere Geschichten, teile unsere Hoffnungen und Träume.“ Das ist das Wir der Identität.

Das Wir der Verantwortung

Mein Lieblingssatz in der gesamten Politik ist: „Wir, das Volk“. Warum „wir, das Volk“? Weil er besagt, dass wir alle gemeinsam die Verantwortung für unsere gemeinsame Zukunft tragen. Und das ist es, worauf es ankommt.

Haben Sie bemerkt, wie das magische Denken unsere Politik übernommen hat? Wir sagen: Ihr müsst nur diesen starken Führer wählen, und er oder sie wird alle unsere Probleme für uns lösen. Glauben Sie mir, das ist magisches Denken. Und dann gibt es die Extreme: die extreme Rechte, die extreme Linke, die extremen Religiösen und die extremen Antireligiösen. Die extreme Rechte, die von einem goldenen Zeitalter träumt, das es nie gegeben hat, die extreme Linke, die von einer Utopie träumt, die es nie geben wird, und die Religiösen und Antireligiösen, die gleichermaßen davon überzeugt sind, dass alles, was wir brauchen, Gott oder die Abwesenheit von Gott ist, um uns vor uns selbst zu retten. Auch das ist magisches Denken, denn die einzigen, die uns vor uns selbst retten können, sind wir, das Volk, wir alle zusammen.

Wenn wir das tun, wenn wir von der Politik des Ichs zur Politik von uns allen gemeinsam übergehen, dann entdecken wir diese schönen, kontraintuitiven Wahrheiten wieder: Dass eine Nation stark ist, wenn sie sich um die Schwachen kümmert, dass sie reich wird, wenn sie sich um die Armen kümmert, dass sie unverwundbar wird, wenn sie sich um die Verletzlichen kümmert. Das ist es, was große Nationen ausmacht.

Hier ist also mein einfacher Vorschlag

Er könnte Ihr Leben verändern, und er könnte dazu beitragen, die Welt zu verändern. Führen Sie eine Such- und Ersetzungsoperation in Ihrem Text durch, und wo immer Sie auf das Wort “selbst“ stoßen, ersetzen Sie es durch das Wort „andere“. Also statt Selbsthilfe, Fremdhilfe; statt Selbstwertgefühl, Fremdwertgefühl. Und wenn Sie das tun, werden Sie die Kraft eines Satzes spüren, der für mich einer der bewegendsten Sätze in der gesamten religiösen Literatur ist. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“ Wir können jeder Zukunft furchtlos entgegensehen, solange wir wissen, dass wir sie nicht allein erleben werden.

Lassen Sie uns also um des zukünftigen „Du“ willen gemeinsam das zukünftige „Wir“ stärken.

Rabbi Jonathan Sacks
chiefrabbi.org

Soll mein Kind mit zur Beerdigung?

Viele Eltern glauben nicht an Gott und besuchen die Kirche nur noch zu Hochzeiten oder Taufen. Zu Begräbnissen werden Kinder oft gar nicht mitgenommen. Zu traurig, alle in schwarz, viele weinen, Kindern wird da auch schnell fad, dann spielen sie am Friedhof rum, zappeln, sind lästig. Und die Eltern und Verwandten weinen zu sehen, sei nicht gut für die Kinder.

Ist das wirklich so?

Henny Lang, freie Journalistin und TV-Redakteurin, hat sich damit in einem Blog-Artikel auf meinefamilie.at auseinandergesetzt und zieht für sich und uns interessante Schlüsse.

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Was wir von Rapid-Fans für die Taufe lernen können

Kein Rapid-Fan würde seinem neugeborenem Kind violette Kleidung anziehen. Die Lieder der Fan-Gemeinde, das Grün-Weiß des Clubs, die Termine der Spiele: Das alles gehört zum Geist der Rapid-Familie. Bei verlorenen Spielen wird geweint, gewonnene Partien werden gefeiert. Klar erzählt man den Kindern von der Geschichte, vom Auf und Ab in der Saison, den Trainern …

Kein echter Fan würde seinem Kind sagen: Schau dir die Bundesliga an, dann entscheide dich. Nein. Echte Fans haben das Grün-Weiß im Kleiderschrank und die Kinder werden selbstverständlich zu jedem Rapid-Match mitgenommen.

Wieso sagen dann Eltern bei der kirchlichen Hochzeit: Das Kind wollen wir noch nicht taufen – es soll sich später selber entscheiden! Wie geht das? Ist die Botschaft Jesu Christi so öde? So beliebig? Heute dafür, morgen zu beschwerlich?

Entscheiden kann ich mich nur für etwas, was ich kennengelernt habe. Was ich praktisch erlebt habe. Und es fordert etwas ein. Wer nur bei Sonnenschein ins Stadion geht und bei Regen zu Hause bleibt, zeigt keinen Respekt den Spielern gegenüber. Diese haben Fans verdient, die auch in schwierigen Zeiten anfeuern.

Das gilt ebenso für den Weg im christlichen Glauben. Will ich diesen gehen, dann ist es nur logisch, meine Kinder mitzunehmen. Vor kurzem besuchte ich eine Frau zum 100. Geburtstag. Sie sagte: „Am meisten bin ich meinen Eltern dankbar, dass sie mich im christlichen Glauben erzogen haben. So habe ich all das Auf und Ab des letzten Jahrhunderts bestanden.“

Pfarrer Martin Rupprecht, September 2022

 

Katholisches Begräbnis abgelehnt

Wir sind verwirrt. Die Verstorbenen waren katholisch. In sehr vielen Fällen hatten wir sogar die Krankensalbung gespendet. Einige Gläubige kannten wir persönlich aus den Gottesdiensten. Was ist passiert, dass ihnen ein christliches Begräbnis verweigert wird?

Im Pfarrhaus überlegen wir: Auch wenn die Angehörigen, die Kinder, nichts mit dem christlichen Glauben zu tun haben wollen, würde es dennoch zu den Wünschen des Verstorbenen gehören, mit den Gebeten des Glaubens begraben zu werden. Oder irren wir uns gar? Dem Toten die letzte Ehre erweisen, heißt doch, ihn in dem Ritus zu begraben, zu dem er zeitlebens gehört hat; auch wenn ich persönlich einer anderen Überzeugung folge.

Was uns bleibt: Wir beten für alle Verstorbenen. In jeder Hl. Messe denken wir an sie in der Überzeugung: „Deinen Gläubigen o Herr, wird das Leben gewandelt und nicht genommen.“

Pfarrer Martin Rupprecht

Das Wort Gottes als Nahrung für unsere Seele

Wenn Ihre Nachbarin heute bei Ihnen läuten und fragen würde: „Kannst du mir eine Bibel borgen?“, was wäre dann Ihre Antwort? Vielleicht „Ui, wo hab ich die denn überhaupt?“ Oder „Die war schon so alt und vergilbt, dass ich sie zum Flohmarkt gegeben habe.“ Oder: „Die steht seit Jahr und Tag im Bücherregal. Die muss ich zuerst abstauben, bevor ich sie ihr geben kann.“ Aber vielleicht wäre die Antwort ja eine ganz andere, wie z.B. „Du kannst meine Bibel für heute gerne haben, aber morgen hätte ich sie gern wieder, weil ich jeden Tag das Tagesevangelium lese.“ Oder „Ich habe mehrere Bibelübersetzungen, weil ich beim Lesen gerne vergleiche. Du kannst gerne eine davon haben.“ Oder „Schön, dass du in der Bibel lesen willst. Für mich sind die Worte der Heiligen Schrift auch ganz wichtig. Vielleicht wollen wir ja mal gemeinsam eine Stelle lesen und darüber reden!“

Jede und jeder von uns hat eine ganz eigene Beziehung zur Heiligen Schrift. Manche führen eine Wochenendbeziehung mit dem Wort Gottes und hören es nur am Sonntag im Gottesdienst, anderen ist es vertraut wie ein geliebter Mensch. Sie schöpfen Kraft und Bestärkung aus dem Meditieren der biblischen Worte.

Eine Gemeindeordnung aus der Zeit der ersten Christinnen und Christen berich­tet, dass sich Gläubige jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit gingen, in den Häusern in kleinen Ge­meinschaften zum Hören des Wortes Gottes und zum Gebet zusammenfanden.

Das 2. Vatikanische Konzil bekräftigt, dass die Kirche das Wort Gottes immer so verehrt hat wie den Leib Christi selbst (vgl. Dei Verbum, Nr. 21). Nicht nur am Tisch des Brotes – also bei der Eucharistiefeier – werden wir satt. Auch am Tisch des Wortes, wo wir durch Christus in den Worten der Heiligen Schrift mit Gott in Beziehung treten. Wir „kommunizieren“ also nicht nur beim Empfang des Leibes Christi, sondern wir kommunizieren mit Gott im Hören, im Lesen der Heiligen Schrift und im Antworten darauf. So heißt es auch im Alten und im Neuen Testament: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“

Kann ich mir das vorstellen, dass ich das Wort Gottes zum Leben brauche wie das tägliche Brot?

Bei meiner letzten Gesundenuntersuchung hat mich der Arzt eindringlich beschworen, täglich zu frühstücken. „Frau Wasserbauer, das Frühstück ist wichtig, um gut in den Tag zu starten, um ausreichend Nährstoffe und Vitamine aufzunehmen. Ihr Immunsystem wird stärker werden, wenn Sie wieder regelmäßiger frühstücken!“, so hat der Arzt zu mir gesagt. Was sagt wohl Jesus, der Arzt unserer Seele, wenn wir ihn fragen, was wir tun sollen, um geistlich gesund und heil zu werden? Ich bin sicher, er empfiehlt und das Wort Gottes als Medizin. In Joh 6,63 sagt er seinen Jünger*innen und uns: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben.“ Sie geben uns also Lebenskraft, Begeisterung, Trost, Stärkung. Die genaue Dosis, die Jesus jeder und jedem von uns verordnet, ist sicher sehr unterschiedlich. Da ist es gut, wenn wir in uns hineinhören, um wahrzunehmen, was für uns heilsam ist. Mir hilft das Lesen in der Bibel in der Früh, um gut in den Tag starten zu können, so wie mir der Arzt das tägliche Frühstück sehr geraten hat. Also lese ich das Evangelium vom Tag noch bevor ich aufstehe im Bett und versuche, mir einen Satz oder ein Wort, das mich stärkt, für den Tag mitzunehmen, um es dann tagsüber in Gedanken immer wieder zu wiederholen. Für andere ist das Tischgebet vor dem Mittagessen der Moment, um eine Bibelstelle vorzulesen und sich auch geistlich zu stärken. Wieder andere bevorzugen die Ruhe des Abends, um eine Bibelstelle zu meditieren. So verschieden wir Menschen sind, so unterschiedlich ist auch die Rezeptur. Was allen Christinnen und Christen gemeinsam ist: Um in Beziehung mit Gott leben zu können, brauchen wir das Wort Gottes. So wie es keinen Menschen gibt, der ohne Nahrung leben kann, so gibt es auch keinen Christen, der ohne Gottes Wort leben kann.

Simon Petrus hat das erkannt. Er sagt zu Jesus: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Joh 6,68) Nirgends sonst wird unsere Seele so genährt wie durch das Wort Gottes. Vielleicht haben auch Sie das schon erfahren:

Haben Sie selber ein Lieblings-Bibelwort, das für Sie persönlich voller Geist und Leben ist, das Sie mit einer wichtigen Erfahrung verbinden?

Vielleicht eines, das Sie schon länger durch Ihr Leben begleitet und Sie im Alltag oder in Krisenzeiten immer wieder stärkt? Wenn es so eine Bibelstelle für Sie gibt, dann wiederholen Sie sie immer wieder in Gedanken! Die Wüstenväter haben vom „Wiederkäuen“ der Worte gesprochen. Wie eine Kuh die Nahrung immer wiederkäut und sich dadurch stärkt, so haben die Mönche während der Arbeit ein und denselben Satz aus der Bibel in Gedanken ständig wiederholt und daraus Nahrung für ihre Seele gewonnen.

Ich möchte Sie ermutigen, das auch zu versuchen. Wenn Sie einen Lieblingssatz in der Bibel haben, dann nehmen Sie ihn und wiederholen Sie ihn im Alltag. Wenn Sie noch keinen Bibelvers haben, der Ihnen Kraft und Trost gibt, dann werden Sie beim Lesen in der Bibel im Laufe der Zeit sicher auf so einen Satz stoßen.

Ich wünsche uns allen die Gewissheit, das Vertrauen und die Entschiedenheit des Petrus, aus tiefstem Herzen zu Gott sagen zu können „Du hast Worte des Lebens für mich!“.

Petra Wasserbauer

 

Urlaub für den lieben Gott?

„Mama! Macht der liebe Gott eigentlich auch Urlaub?“ Haben Ihre Kinder diese Frage auch schon gestellt? In den Sommermonaten, wo wir alle aufbrechen, Erwerbs- und Hausarbeit hinter uns lassen, um uns an einem schönen Fleck Erde zu erholen, könnte die Frage nach dem Urlaubsanspruch Gottes durchaus aufkommen. „Nein, mein Schatz! Gott macht nie Urlaub. ER ist immer bei uns, egal wo wir sind und was wir gerade machen. ER hört und hilft uns, wann immer wir ihn brauchen.“ Diese oder eine ähnlich Antwort werden Sie Ihren Kindern vielleicht geben.

Ist es nicht auch für uns Erwachsene ein schöner Gedanke, dass Gott mit uns geht und 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche 12 Monate hindurch für uns da ist? Egal, ob wir durch den Alltag hetzen oder uns am Pool liegend die Sonne auf den Bauch scheinen lassen!?

Unsere Kinder können vor allem dann die Gegenwart Gottes im Urlaub erleben, wenn auch wir Erwachsene nicht darauf vergessen, dass ER mit uns unterwegs ist.

wir unterwegs mit Gott

Wie wär´s mit einem kurzen Gebet/Lied bei Anbruch der Reise? Es braucht nicht viele Worte, z.B.: „Lieber Gott beschütze uns, wenn wir jetzt fortfahren. Schenke und eine gute, erholsame, gemeinsame Zeit und lass uns wieder gesund nach Hause kommen.“ Kinder und Erwachsene können einander auch (mit Weihwasser) ein Kreuzerl auf die Stirn machen. Unsere Tochter segnet gerne „ordentlich“ und dazu braucht sie viel Weihwasser. Aber Kinder lieben ja bekanntlich Wasserspiele. Und zu viel Segen hat noch niemandem geschadet. Also lassen wir sie in ihrem „heiligen Dienst“ walten.

Auch unterwegs tut es gut, sich begleitet zu wissen. Das kurze Lied „Geh mit uns auf unsern Weg!“ bietet sich hier an. Mit diesem Kehrvers können Sie Ihre Kleinsten sogar in den Mittagsschlaf im Autositz singen.

Eine weitere Idee: Wenn Sie auf der Reise an einer Kirche vorbeikommen, nehmen Sie sich die Zeit für einen kurzen Besuch! Kirchen sind kulturell interessant und bieten oft auch Abkühlung bei großer Hitze. Aber vor allem sind sie ein Ort zum Kraft tanken und um mit Gott ins Gespräch zu kommen. Sie können mit Ihren Kindern eine Kerze für die Daheimgebliebenen anzünden und gemeinsam überlegen, was Sie bisher schon erlebt haben, wofür Sie danken und wofür Sie bitten möchten.   

Vielleicht ergibt sich ja sogar ein Besuch der Sonntagsmesse in der Ferne. Ich erlebe es als sehr bereichernd in mir bisher unbekannten Gemeinden die Messe mitzufeiern. Manches ist anders als daheim und liefert mir neue Impulse, anderes ist mir sehr vertraut und bietet mir somit in der Fremde ein Stück Heimat.

Auch für die Kinder ist wahrscheinlich der Gottesdienst in einer anderen Kirche spannend, sodass sie vielleicht besser als daheim durchhalten. Und wenn nicht, dann machts auch nix. Hier kennt Sie niemand und Sie sind bald wieder weg. Sie brauchen also keine Angst haben, dass Sie in Zukunft schief angeschaut werden, weil sich Ihre Kinder in der Messe so ganz und gar nicht fromm benehmen 😉 Ich wollte einmal am liebsten im Erdboden versinken, als unsere Tochter schon nach der ersten Lesung so laut fragte, dass es alle in der Kirche hören konnten: „Is endlich aus? Gemma jetzt ins Kaffeehaus?“ Sie meinte mit dem „Kaffeehaus“ das Pfarrcafe, das in unserer Pfarre in Wien fixer Bestandteil des Sonntag-Vormittags ist.

Gott unterwegs mit uns

Und was sagt wohl der Liebe Gott zu all dem? Egal, ob Sie das Segenslied bei der Autofahrt schief singen oder die Kinder beim Besuch der Kirche Radau schlagen – Er wird sich riesig freuen, dass Sie selbst auf Reisen nicht auf Ihn vergessen haben. Vielleicht kommt bei Ihm sogar ein bisschen Urlaubsstimmung auf…

Petra Wasserbauer

 

Ostermorgen

Helle,
die die Nacht vertreibt

Glaube, 
der die Hoffnung nährt

Hoffnung, 
die an Wunder glaubt

Liebe,
die die Mauern sprengt

Leben, 
das den Tod besiegt

Gisela Baltes

Ein gesegnetes Osterfest wünscht das Team von Schönbrunn-Vorpark!

Gebete für den Frieden

Friedensgebete

Hier finden Sie das Friedensgebet der Erzdiözese Wien und Sie können auch eigene Gebete eintragen.

Und hier noch ein Friedensgebet von Bischof Hermann Glettler:

Barmherziger Gott des Friedens, sprachlos und ohnmächtig kommen wir zu Dir.
Wir beobachten das brutale Geschäft des Krieges,
steigende Aggressionen und Bedrohungen.

Erfolglos scheinen alle Vermittlungen zu sein,
die Angst vor Vernichtung und Leid geht um.

In dieser Situation bitten wir Dich um neuen Geist für Frieden und Versöhnung,
um Einsicht und Bekehrung der Herzen.

Mit Deiner Hilfe wird es nicht zu spät sein,
Entscheidungen zu ermöglichen,
die Zerstörung und Elend verhindern.

Im Namen all jener, die unmittelbar
betroffen, bedroht und involviert sind,
ersehnen wir das Wunder des Friedens –
für die Ukraine, Russland und ganz Europa.

Du Gott des Lebens, des Trostes und der Liebe,
wir vertrauen auf Deine Güte und Vorsehung.

Amen.

Hildegard Burjan – eine Ermutigung für heute: 10 Jahre Seligsprechung

Im Jahr 1963 wurde ein Seligsprechungsverfahren für Hildegard Burjan eingeleitet. Es kommt darin die Überzeugung zum Ausdruck, dass die Lebensweise Hildegard Burjans nicht nur für die von ihr gegründete Schwesterngemeinschaft „Caritas Socialis“ vorbildlich ist sondern darüber hinaus für viele Menschen in Kirche.

Am 29. Jänner 2012 fand die Seligsprechung Hildegard Burjans im Wiener Stephansdom statt.

Hildegard Burjan ermutigt zu einer intensiven, wahrhaftigen Suche nach Gott. Sie selbst wächst in einer den Glauben nicht praktizierenden jüdischen Familie auf. Sie fragt aber schon in ihrer Kindheit nach Gott. Sie studiert Philosophie und kommt so dem Glauben näher, zu dem sie schließlich erst in einer lebensbedrohlichen Erkrankung findet.

In ihrem sozialen Engagement will sie die „Gegenwart Gottes bei keiner Begegnung mit den Menschen verlieren“. Sie betet und sucht in ihren Entscheidungen Gott und seinen Willen. Durch lebenslanges Suchen, Fragen und Vertrauen hindurch findet sie in ihren letzten Worten am Sterbebett zu einem „Gott – schön!“

Gerade in einer Zeit „gottesfreundlicher Religionslosigkeit“ ermutigt ihr Vorbild, Gott durchaus kritisch fragend in der Wirklichkeit des eigenen Lebens und unserer Gesellschaft zu suchen und zu finden. Hildegard Burjans Leben ermutigt zu einem Leben aus der Taufe, das seine Sendung in der Kirche erkennt und zu leben versucht, indem Kirche zu den Menschen geht und nicht wartet, bis die Menschen zur Kirche kommen.

Sie selbst findet nach schwerer Erkrankung und Genesung zu Glauben und Kirche. Sie lässt sich taufen, denn dieses neu geschenkte Leben muss ganz Gott und den Menschen gehören.

In Wien lernt sie katholische sozial engagierte Frauen kennen, die sich mit der Umsetzung der ersten Sozialenzyklika Papst Leo XIII. befassen. Sie findet ihren Platz in der Kirche, indem sie von Gottes Liebe nicht nur redet, sondern sie durch soziales Handeln konkret sichtbar machen will.

Hildegard Burjan ermutigt zu Persönlichkeitsbildung und innerer Freiheit.

Sie selbst war eine beeindruckend freie Persönlichkeit. Tagebuchaufzeichnungen aus ihrer Studienzeit zeugen von ihrer Suche, den Platz im Leben auszufüllen und an der Fortbildung der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten. Für die von ihr gegründete Gemeinschaft sucht sie lebenswarme Menschen, die im Leben stehen, äußerlich und innerlich frei sind.

Denn nur so sind sie in der Lage, bei ihrer Arbeit mit hilfsbedürftigen Menschen die Würde der Person in den Vordergrund zu rücken. Hilfe soll nicht abhängig machen, sondern dazu führen, dass Menschen auf eigenen Füßen stehen können und wieder die Überzeugung bekommen: Ich bin jemand und ich kann etwas leisten.

Am 30. Jänner 2022 wurde im Stephansdom ein Jubiläumsgottesdienst gefeiert.

Mit Klugheit durchs Leben

Klug sein, was heißt das wirklich?

Bedeutet „klug sein“ dasselbe wie weise, gescheit oder erfahren sein? Mit dieser beispielhaften Aufzählung betreten wir ein beliebtes Wortfeld sinnverwandter Wörter, um die Bedeutungsunterschiede zwischen Synonyma, also zwischen quasi gleichbedeutenden Wörtern, klar zu machen. Doch bleiben wir bei der Klugheit, die als erste und oberste unter den vier Kardinaltugenden genannt wird; sie steht – wie Gelehrte meist annehmen – über der Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung.

Erst wer klug ist, kann in seinem Leben auch gerecht, maßvoll und tapfer sein; die Klugheit lenkt und sie schenkt dem Menschen jenes Licht, um die Wahrheiten zu sehen und diese auch zu tun. Die Klugheit ist also eine geistige Fähigkeit in uns, die wir erlernen und einüben können, und die darüber wacht, dass wir in konkreten Fällen unseres Lebens angemessen entscheiden und vorausschauend handeln.

Die Bibel bietet uns genügend Beispiele kluger Menschen: So z.B. ist Salomo im Alten Testament das Idealbild eines klugen Mannes, der bei seinem Antritt als König seinen Herrn nicht um langes Leben, nicht um Reichtum oder um den Tod seiner Feinde bittet, sondern um ein „hörendes Herz, damit er das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht“ (1 Kö, 3, 9f.). Und er regiert bekanntlich mit einem weisen und verständigen Herzen.

Geht es um die Klugheit, dann erinnern wir uns vor allem an die Erzählung im Neuen Testament von den zehn Jungfrauen, die dem Bräutigam mit ihren Lampen in der Nacht entgegengehen. Allerdings verspätet sich der Bräutigam. Fünf der Jungfrauen waren vorausschauend klug genug und brachten genügend Öl als Reserve in ihren Krügen mit, um die Lampen jederzeit am Brennen zu halten. Die anderen fünf Jungfrauen waren nur mit den Lampen gekommen, sie mussten sich also nach dem Ruf, dass der Bräutigam komme, erst nachträglich mehr Öl von den Händlern verschaffen – und so versäumten sie den Einzug zum Hochzeitsfest; sie waren töricht, sorgten also nicht vor und standen schließlich vor verschlossenen Toren (vgl. Mt 25, 1-13). Am Schluss dieser Erzählung erhebt sich der mahnende Ruf zur Wachsamkeit und steten Bereitschaft: „Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“, wann Er am Ende kommen wird (Mt 25, 13).

Klug sind wir also dann, wenn wir in unserem Leben gute Entscheidungen und gesicherte Vorsorge treffen, und jeweils so vorsorgen, wie es der Mann in der Bibel vorbildlich tut, der sein Haus nicht auf Sand, sondern auf stabile Felsen baut (Mt 7, 24-27); oder so gerüstet sein wie die klugen Jungfrauen, die genug Öl auf Vorrat für den hochzeitlichen Empfang mitgebracht haben. Zum „Klug sein“ gehört ein hohes Maß an eigener und fremder Erfahrung, die wir im Laufe unseres Lebens aufmerksam sammeln können.

Schließlich geht es ja auch darum, seine eigene Vergänglichkeit nicht zu verdrängen, wie schon der Psalmist betend bekennt und damit mahnt: Gott möge uns lehren zu bedenken, dass wir an unserem Lebensende sterben müssen und mit diesem Gedanken mögen wir klug werden, wie es im Psalm heißt: „Unsere Tage zu zählen lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz“, ein Herz voll Klugheit also (Ps 90, 12).

H.T.