Wer war Markus?

Das Kirchenjahr 2020/21 im Zeichen des Markus-Evangeliums

Wir kennen Markus vor allem als Evangelisten. Er ist der Verfasser des zweiten, zeitlich jedoch ersten und damit ältesten Evangeliums, das um die Jahre 65 bis 70 entstanden sein soll. Es begleitet uns durch das Lesejahr B.

Eigentlich hieß er Johannes, Markus ist sein Beiname, der „Kriegerische“ (eine Herleitung vom Namen des Kriegsgottes Mars). Seine beiden Namen kennen wir aus der Apostelgeschichte im Zusammenhang mit der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis, denn dort heißt es: Er, nämlich Petrus, ging „zum Haus der Maria, der Mutter des Johannes mit dem Beinamen Markus, wo nicht wenige versammelt waren und beteten“ (Apg 12, 12). Manchmal wird Markus auch nur Johannes oder nur mit dem Namen Markus genannt.

Markuslöwe | Edmund Hochmuth, Pixabay

Er war also der Sohn jener Maria, in deren Haus in Jerusalem sich die Urgemeinde zu versammeln pflegte und wo vermutlich Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl feierte. Nach einem bewegten Leben und vielen ausgedehnten Reisen ist Markus als Missionar ins nördliche Ägypten gekommen, hat in Alexandrien eine christliche Gemeinde gegründet und wurde dort auch ihr 1.Bischof. In seiner Bischofsstadt ist er um das Jahr 68 den Märtyrertod gestorben (bezeugt nach Eusebius v. Cäsarea †339). Nach legendären Berichten wurde Markus vom Pöbel mit einem Strick um seinen Hals zu Tode geschleift, und nur ein Unwetter soll seine Verbrennung verhindert haben. Daher konnte Markus als Märtyrer in Alexandria schließlich ehrenvoll bestattet werden.

Im Jahre 828, also etwa sieben Jahrhunderte später, fanden zwei Kaufleute aus Venedig die Gebeine des Heiligen, entwendeten sie, und um sicher zu sein, dass die Reliquien von Moslems nicht entdeckt wurden, versteckten sie die Gebeine in einem Korb und deckten sie mit Schweinefleisch und darüber mit Häuten zu. So gelangten die Reliquien auf abenteuerliche Weise nach Venedig und wurden dort vom Dogen Giustiniano Partecipazio in der Vorgängerkirche des heutigen Markusdomes beigesetzt; die Vorgängerkirche des Doms zu Venedig wurde bereits im Jahre 832 eingeweiht.

Als „Geste der Versöhnung“ wurden im Jahre 1968 Reliquien des Heiligen Markus an die koptisch-orthodoxe Kirche zurückgegeben.

Markus der Löwe

Die symbolhafte Darstellung des Evangelisten Markus ist der (geflügelte) Löwe. Wenn es um die Deutung der Symbole der vier Evangelisten in den Gestalten des Menschen, Löwen, Stiers und Adlers geht, lassen sich so manche theologische Spekulationen im Laufe der Geschichte beobachten. Erst Hieronymus, Kirchenlehrer aus Dalmatien (†420), hat diese Symbole in den Evangelienanfängen gesehen, und diese sind – kraft seiner Autorität – seither so gedeutet und festgelegt. Demnach wird dem Evangelisten Markus wegen seines Evangelienanfangs mit Johannes dem Täufer als Rufer in der Wüste der Löwe zugeteilt. So heißt es im Prolog folgendermaßen: 

„Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn. Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja – Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bahnen wird. Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! – so trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden …“ (Mk 1, 1–4).

Markus und Paulus

Obwohl der Verfasser des ältesten Evangeliums anonym bleibt, wird Markus als Autor angenommen. Was wissen wir nach dem bereits Gesagten noch über das Leben des Evangelisten und seine Bekanntschaft mit Paulus?

Im Brief an die Kolosser (Kol 4,10) wird Markus als Vetter von Barnabas bezeichnet. Barnabas und Markus begleiteten um das Jahr 44 den Völkerapostel Paulus auf dessen erster Missionsreise nach Antiochia (heute Antakya); doch in Perge, dem heutigen Murtuna, trennte sich Markus von Paulus und kehrte nach Jerusalem zurück (Apg 13, 13). Paulus spricht sogar davon, dass Markus ihn in Stich gelassen habe, und wollte ihn deshalb nicht mehr, auch nicht auf dringenden Wunsch von Barnabas hin, auf einer weiteren Reise zu den Städten mitnehmen; es kam dabei zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas und in Folge dieser Unstimmigkeit zu ihrer Trennung. Barnabas segelte danach in Begleitung von Markus nach Zypern. Paulus wählte sodann als neuen Reisegefährten Silas (Apg 15, 36f.).

In den Jahren 61–63 finden wir Markus wieder mit Paulus versöhnt und als dessen Helfer während der ersten Gefangenschaft in Rom. Als Bote wird er in dieser Zeit mit einem Brief nach Kolossä geschickt. Markus ist schließlich im Jahre 64 bei der zweiten Gefangenschaft von Paulus wieder bei ihm in Rom (vgl. 2 Tim 4, 11).

In Rom schließt sich Markus dem Apostel Petrus an und wird dessen Dolmetscher. Beide kannten einander schon in Jerusalem sehr gut, denn Petrus nennt ihn in seinem Brief am Schluss liebevoll „mein Sohn Markus“ (1 Petr 5, 13). Man nimmt an, dass Markus mit großer Aufmerksamkeit die Predigten seines „väterlichen“ Freundes Petrus aufgenommen hatte und schließlich – nach dessen Hinrichtung im Jahre 65 – diese Botschaften und Lehren von Petrus über seinen Herrn und Meister als grundlegende Quelle in seinem Evangelium verarbeitet hat. Markus ist daher Apostelschüler und ist wahrscheinlich Jesus selbst nie persönlich begegnet. In seinem ihm zugeschriebenen Evangelium tritt er hinter sein Werk zurück und erzählt die Geschichte Jesu aus erkennbarem Abstand zu den Ereignissen.

Das Evangelium nach Markus

Das Evangelium verkündet das Leben und Wirken des erwachsenen Jesus. Markus beginnt seine Berichte mit dem Auftreten des Täufers Johannes in der Wüste, mit der Taufe Jesu und dessen Versuchung nach 40 Tagen Fasten in der Wüste. Jesus wirkt in Galiläa und begibt sich dann nach Jerusalem, wo er predigt, Wunder wirkt und schließlich den leidvollen Tod am Kreuz stirbt, aber – wie das leere Grab zu bezeugen versucht – als Auferstandener die elf Jünger ausschickt mit den Worten: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung“ (Mk 16, 15).

Markus erzählt in diesem kürzesten der vier kanonischen Evangelien sprachlich sehr eindrucksvoll und in meisterhaftem Stil die menschliche Seite Jesu, er kehrt dabei seine Messianität und Gottessohnschaft hervor. Den heidnischen Hauptmann, der Jesus am Kreuz gegenüberstand und auf grausame Weise sterben sah, lässt er bekennend sagen: „Wahrhaftig, dieser Mensch war Gottes Sohn“ (Mk 15, 39).

H.T.