Weihnachten gut sein lassen

Rindsuppe mit Leberknödel und Tafelspitz oder doch Bratkartoffeln mit Butter? In meiner Familie wurde jedes Jahr aufs Neue diskutiert, ob der 24. Dezember ein Fasttag sei oder nicht und wann eigentlich Weihnachten beginnt.*

Da haben es Jüdinnen und Juden in Israel bei der Frage, wann der Sabbat beginnt, schon einfacher. Sie brauchen nur die Tageszeitung aufschlagen. Dort steht auf die Minute genau, wann der Sabbat startet. Dann hat man noch genau 18 Minuten, um das, was man gerade tut, abzuschließen. Danach darf nichts mehr „geschafft“ werden. Die Sabbat-Ruhe ist nicht dazu da, dass die Gläubigen noch mehr schaffen. Sondern sie will den Menschen neu erschaffen. Die Sabbat-Liturgie unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt von der Liturgie der anderen Tage: Am Sabbat bittet man um nichts. Weder für sich selbst noch für andere. Es gibt Anbetung und Lobgesang, aber die Fürbitte darf ruhen.

Wenn Sie sich nun fragen, warum ich beim Blick auf Weihnachten über den Sabbat schreibe, dann ist es dieser Aspekt, der mir in diesem Advent so bewusst geworden ist:

Zu Weihnachten dürfen wir es „einfach gut sein lassen“. So wie es ist, ist es gut.

Der Braten etwas verbrannt, das Badezimmer noch nicht fertig geputzt, angespannt nervöse Stimmung in der Familie, ein Geschenk noch ausständig. Eigentlich wollte man vor dem Fest noch zum Frisör, die Finger schmerzen vom Keksteigkneten, ein Kind ist beleidigt, weil es sich den Heiligen Abend anders vorgestellt hat. Zum Üben der Weihnachtslieder mit den Instrumenten war wie jedes Jahr keine Zeit mehr, der Christbaum steht schief und sein Schmuck passt nicht zur Raumdeko. Im Vorraum stehen noch die leeren Schachteln von der Krippe herum. Der Esel fehlt. Aber das Jesus-Kind liegt seelenruhig in der Krippe.

Vielleicht konnten Sie es schon einmal erleben: Ein neugeborenes Kind anschauen oder sogar in Händen halten zu dürfen – das ist wie ein Moment Ewigkeit. Alles rundherum wird unwichtig. Es ist, als würde der Himmel die Erde berühren. Das feiern wir zu Weihnachten: Gott kommt als Neugeborenes zur Welt, hat Händchen und Füßchen und riecht nach Baby. Und auch, wenn wir ihn noch nicht wie die Hirten und Weisen damals von Angesicht zu Angesicht, Wange an Wange sehen, riechen und spüren können, so sind wir doch eingeladen, uns von diesem Kind in der Krippe berühren zu lassen. Alles andere gut sein lassen, um Weihnachten für uns gut sein zu lassen.

Selten werden wir in süßer Verklärung stundenlang den Weihnachtsfrieden genießen. Welchen Frieden denn überhaupt? Aber es können Momente sein – Momente, in denen uns ein Licht aufgeht, wie wir es im Advent singen: „Mir ist ein Licht aufgegangen. Gott spricht: „Ich werde mit dir sein“. In diesem Kind in der Krippe ist Er „Immanuel“, der „Gott mit uns“. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Wir haben mindestens 8 Tage Zeit, um das zu „begreifen“. Die Weihnachtsoktav dauert bis zum Neujahrstag. Und wenn wir es am 1. Jänner immer noch nicht gut sein haben lassen, dann bleibt uns auch noch das ganze Jahr 2024, um die Botschaft wirken zu lassen, dass Gott mit uns ist, auch im Streit mitten in einer unaufgeräumten Wohnung. Und dann, wenn uns dieser himmlische Moment geschenkt wird, in dem wir verstehen, dass Er da ist, dann ist Weihnachten!

Achtung! Dieses Ereignis könnte auch auf einen Fasttag fallen!

*„Der 24. Dezember ist kein Fasttag. Abstinenz und Fasten ist zu halten an Aschermittwoch und Karfreitag“, so heißt es in Can. 1251 des Kirchenrechts. Aber der Gedanke, sich im Advent mit Gaumenfreuden zurückzuhalten, um es sich zu Weihnachten dann so richtig schmecken zu lassen, ist durchaus sinnvoll. Das offizielle Weihnachtsfest beginnt mit dem Gebet der 1. Vesper (in Schönbrunn-Vorpark mit der Kindervesper mit Krippenspiel um 15.30 Uhr, in Rudolfsheim mit der Krippenandacht um 16 Uhr und in Neufünfhaus mit der Kindermette um 16 Uhr. Hier geht’s zu allen Terminen).