Wir erleben in unserem Leben immer wieder Enttäuschungen – große und kleine. Aber auch über uns selbst sind wir immer wieder enttäuscht. Wie Elija kann diese Enttäuschung über uns selbst uns offen machen für die Begegnung mit Gott. Darüber predigte Dr. Christoph Benke am 19. Sonntag im Jahreskreis (11. August 2024) in Schönbrunn-Vorpark.
In einem Bewerb der Olympischen Spiele den 4. Platz einzunehmen, ist vor allem dies: eine schwere Enttäuschung. Wurden Sie in Ihrem Leben enttäuscht? Ich meine hier die großen Enttäuschungen: Ihr Vertrauen wurde missbraucht; Sie wurden aus der Firma gemobbt; Sie wurden von Ihrem Lebenspartner verlassen; Sie haben ein Ziel nicht erreicht … solche Enttäuschungen kommen gewissermaßen von außen, durch die Lebensumstände.
Von etwas anderer Art ist die Enttäuschung über sich selbst. Da dachte jemand stets: ‚So etwas kann mir nicht passieren. Das würde ich nie machen. So bin ich nicht‘. Doch dann die Ernüchterung und das Eingeständnis: ‚Ich habe mich über mich getäuscht. Ich bin nicht so, wie ich meinte, dass ich bin.‘
Elija ging eine Tagereise weit in die Wüste hinein. Dort setzte er sich unter einen Ginsterstrauch und wünschte sich den Tod. Er sagte: Nun ist es genug, HERR. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter. (1 Kön 19,4) Die Enttäuschung Elijas muss abgrundtief gewesen sein: Er wünscht sich sogar den Tod. Es zeigte sich: Nichts ist so, wie er meinte, dass es ist. Und vor allem er, Elija, war nicht der, für den er sich hielt; jedenfalls nicht besser als seine Väter. Elija „wurde eines Besseren belehrt“.
Offensichtlich leitet uns häufig die Vorstellung, die anderen irgendwie zu überragen, besser zu sein als sie. Diese Erhöhung muss enttäuscht werden, damit ‚das Bessere‘, nämlich die Wahrheit, Platz hat.
Vielleicht konnte Elija später, im Rückblick, in dieser brutalen Ernüchterung bereits das erste Anrühren durch den Engel sehen. Der Engel kommt dann noch einmal und sagt: Steh auf und iss! Irgendwie kommen wir wieder zu Kraft und Zuversicht. Wir machen uns wieder auf den Weg, hoffentlich hin zum Gottesberg Horeb. Die Enttäuschung über uns macht uns tauglich für die Begegnung mit Gott.
Wofür nehmen wir Mühen, Kraft und Zeit auf uns in unserem Leben? Diese Frage stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 18. Sonntag im Jahreskreis (4. August 2024) in Schönbrunn-Vorpark. Wir müssen uns mühen für das ewige Leben, aber das ist nur unsere dankbare Antwort auf Gottes Mühen um uns.
August ist Urlaubsmonat. Menschen gehen nicht zur Arbeit, sondern an den Strand, in den Wald, auf den Berg, ins Museum. Endlich für längere Zeit den beruflichen Alltag und seine Mühe hinter sich lassen und sich erholen! Auch wer das Berufsleben hinter sich hat, lebt keineswegs mühelos. Mühe: Das Wort hat seine Schwere. Es vermittelt Anstrengung und Beschwerlichkeit.
Im Evangelium verwendet Jesus sich abmühen: Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! (Joh 6,27). Die Speise, die verdirbt, meint das Manna. Einst war es dem Volk Rettung in der Wüste. Aber es war schnell verdorben. Was Jesus gibt und geben wird, hat hingegen Bestand, sogar für die Ewigkeit.
Dieses Jesuswort stellt uns die Frage: Wofür mühe ich mich ab? Welche Anstrengung nehme ich auf mich für welches Ziel? Wohinein investiere ich Kraft, Mühe und Zeit? Und: Ist es das wert? Wächst damit Vertrauen und Liebe? Führt es in die größere Freiheit?
Paulus spricht von den „Begierden des Trugs“ (Eph 4,22). Was so faszinierend vor Augen steht, könnte auch Blendung, Trug sein. Wir müssen also unterscheiden und hin spüren lernen, mit einem gläubigen Herzen. Ein Einsatz, der etwas kostet, sollte sich vor Gott, vor den Mitmenschen und vor dem eigenen Gewissen verantworten können.
Anstrengung, Mühe – das klingt nach Klimmzug und Fitnessstudio. Aber Jesus sagt ja: Müht euch ab für die Speise, die bleibt. Ja, wir müssen uns anstrengen für das ewige Leben. Aber das kommt weniger aus einem Kraftakt als aus dankbarer Liebe. Denn vergessen wir nicht: Immer schon und zuerst müht sich Gott immer schon um uns Menschen.
Christoph Benke
https://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2024/08/tourism-1213802_1920.jpg12101613Andrea Kainzhttps://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2022/12/logo-medium.pngAndrea Kainz2024-08-05 11:03:142025-01-20 11:44:52Wofür mühen wir uns?
Jesus setzt bei dem an, was da ist, was zur Verfügung steht. Auch wir sind dazu aufgerufen. Und dann geht es darum, dass wir Liebe multiplizieren, indem wir sie teilen. Denn Leben kann man nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft. Das führte Dr. Johann Pock in seiner Predigt am 17. Sonntag im Jahreskreis (28. Juli 2024) in seiner Predigt ausgehend vom Wunder der Brotvermehrung in Schönbrunn-Vorpark aus.
“Gib uns unser tägliches Brot!“ – So beten wir jedes Mal im Vaterunser. Man könnte sagen: Gib uns das, was uns am Leben erhält; das, was uns leben lässt.
Das heutige Evangelium erzählt davon, wie Jesus den Menschen Nahrung gibt: 5 Brote und 2 Fische reichen für alle. Ist das nicht ein Märchen? Science Fiction? Was ist dies für ein Wunder, das uns erzählt wird?
Mit dieser Brotvermehrungsszene sind wir bei einer der zentralen Stellen des Evangeliums. Schauen wir genauer hin: Zunächst sehen wir: Jesus hat Augen für das tägliche Brot, dafür, was die Menschen brauchen! (So wie schon im Evangelium des letzten Sonntags, wo es heißt: „Jesus hatte Mitleid mit den Menschen“.) Und Jesus setzt bei dem an, was da ist, was zur Verfügungsteht – auch wenn es wenig ist. Auch wenn es nur von einem kleinen Jungen kommt. Und obwohl so wenig: Jesus nimmt es, spricht Dankgebet – und teilt aus. Dies ist gewissermaßen die „typische Handbewegung Jesu“ – das Brechen und Austeilen des Brotes. Es gehört wesentlich zu ihm – und später werden die Jünger ihn sogar an dieser Geste erkennen (so z.B. die Emmausjünger, nach der Auferstehung Jesu).
Was ist hier so besonders an dieser Stelle?
Zunächst ist es der große Glaube Jesu, dass es reichen wird! Dass es reichen wird, wenn man bei dem anfängt, was da ist, wenn man dafür dankt und zu teilen beginnt. „Er nahm die Brote, sprach das Dankgebet, teilte sie und gab sie ihnen.“ – Das erinnert an die Worte der Messe; an die Worte im Abendmahlsaal. Und das ist kein Zufall: Denn alle diese Mähler Jesu mit den Menschen finden ihren Höhepunkt in der Feier des Abendmahls, in der Eucharistiefeier. Und umgekehrt erinnert jede Eucharistiefeier daran, dass Jesus mit allen Menschen das Brot, das Leben, die Liebe teilen möchte.
Nun könnte man aber weiterfragen: Wenn Jesus aus so wenig Brot so viel machen kann – könnte er dann nicht alle Menschen satt machen? – Dies war sofort damals der Wunsch: der Wunsch nach starkem Mann. „Wir wollen ihn zum König machen!“ – Jesus lehnt es ab. Wie er es schon bei den Versuchungen nach dem Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit getan hat, als der „Diabolos“, der Versucher, zu ihm meint: Warum machst du nicht aus Steinen Brot – dann würden dir alle folgen … Es fällt schwer, dies zu akzeptieren: Dass der allmächtige Gott nicht den starken Mann spielt; dass er nicht allen Hunger beseitigt; nicht alle Arbeitslosigkeit beseitigt; nicht alle Kranken heilt.
Doch der Weg Jesu ist nicht einer, der Menschen durch Zauberei auf seine Seite zieht. Der Weg Jesu nimmt uns dies alles nicht ab. Der Weg Jesu heißt nämlich: Anfangen mit dem, was da ist! Gott nimmt uns unser Leben, unsere Sorgen nicht ab. – Und er lässt uns den Hunger, der letztlich ein Hunger nach Gott sein soll. Aber er zeigt uns Wege, wie wir selbst etwas zur Verbesserung des Lebens beitragen können: Durch Hinschauen auf das Positive, auf das, was da ist; und durch das Teilen dessen, was wir haben und bekommen.
An dem kommenden Sonntag wird im Evangelium dann die Brotrede Jesu gelesen. Dort sagt er: „Ich selbst bin das Brot des Lebens.“ – Dieses Brot, das Jesus hier austeilt, ist letztlich er selbst. Jesus gibt sich an die Menschen weiter – und alle werden satt! Es ist dies ein Zeichen für die Eucharistie. Wir alle sind eingeladen, vom Brot des Lebens, vom eucharistischen Brot, zu essen – und es geht dabei nicht darum, meinen leiblichen Hunger zu stillen, sondern das Bedürfnis meines Herzens nach Liebe, Geborgenheit; Angenommensein;
Wenn wir in Dankbarkeit die Dinge genießen, die wir haben, dann werden sie uns nicht ausgehen. Es gibt das schöne Wort: „Liebe kann man nur multiplizieren, indem man sie teilt“ – genau darum geht es im Evangelium: Jesus gibt aus Liebe zu den Menschen; er vermittelt ihnen diese Liebe von Gott her – und darum werden die Menschen auch satt.
Das heutige Evangelium will provozieren, damit wir uns der Frage stellen: Wovon lebe ich eigentlich? Was lässt mich wirklich leben? Denn dass wirklich ein paar Brote und Fische so viele Menschen ernähren, ist ja sehr unwahrscheinlich. Und vielleicht lautet die Antwort: Wir leben von der Liebe zueinander; wir leben von Gottes Wort; wir leben von Zuwendung und Hilfe; wir leben in der Solidarität miteinander.
Damit wird aber auch deutlich: Leben kann man nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft. Und wenn wir Gott Teil dieser Gemeinschaft sein lassen, können vielleicht 5 Brote und 2 Fische eine ganze Gemeinschaft leben lassen.
Johann Pock
https://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2024/08/Brote.jpg?ver=17361977599001600Andrea Kainzhttps://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2022/12/logo-medium.pngAndrea Kainz2024-07-31 10:46:122025-01-20 11:42:47„Liebe multiplizieren, indem man teilt“
In unserer Welt sehen wir viele Gegensätze, Polarisierungen, Feindschaften. Christus hat die Feindschaft getötet. Das ist auch unser Auftrag als Christen. Wie das gehen könnte, darüber predigte Dr. Christoph Benke am 15. Sonntag im Jahreskreis (21. Juli 2024) in Schönbrunn-Vorpark.
Es gibt einen Nordpol und einen Südpol, einen Pluspol und einen Minuspol. Sie gehören irgendwie zusammen, stehen aber doch einander gegenüber. So ähnlich ist es in jeder kleineren und größeren Gemeinschaft und global. Auch da stehen Parteien einander gegenüber: der reiche Norden und der arme Süden, Linke und Rechte, Veganer und Fleischesser, Rapidanhänger und Austrianer, und so weiter. Seit einigen Jahren ist das Gesprächsklima aggressiver geworden. Das läuft unter dem Stichwort Polarisierung.
Einige Gegensätze gehören zum Leben. Doch gelegentlich sind sie von Menschen gemacht und es werden Feindschaften daraus. Für diesen Fall hat Paulus im Epheserbrief eine deutliche Erinnerung bereit: Christus ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder. (Eph 2,14) Worum es Paulus geht, ist die Versöhnung von Juden und Heiden in Christus. Wir dürfen es auf Versöhnung insgesamt hin verstehen. Wo sich also Menschen unversöhnt und feindlich gegenüberstehen, dort ist Christus die Brücke, die Verbindung, die Versöhnung.
Etwas später sagt Paulus: Er (Christus) hat in seiner Person die Feindschaft getötet. (V 16) Welch hoher Anspruch! Denn das bedeutet: Nach Christus dürfte es für uns, die wir an diesen Christus und seinen Versöhnungsdienst glauben, keine unüberwindbaren Trennlinien, keine Feindschaft mehr geben. Die Polarisierung, den Keil noch tiefer hineintreiben, kann und darf nicht unsere Sache sein. Auch wenn wir keineswegs die Meinung oder den Lebensstil des Anderen teilen: Er oder sie ist nicht mein Feind. Wo immer mir also irgendetwas am Gegenüber überhaupt nicht gefällt und ‚mir das Geimpfte aufgeht‘, dort ist ein schnelles Stoßgebet vonnöten: ‚Herr, entwaffne mich!‘ Denn es gilt: Er, Christus, hat in seiner Person die Feindschaft getötet.
Über uns waltet nicht ein blindes Schicksal, sondern Gott will, dass wir zu ihm gelangen. Wir sind eingeladen, dazu Ja zu sagen. Das führte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 15. Sonntag im Jahreskreis (14. Juli 2024) aus.
Glauben Sie an das Schicksal? An ihr persönliches Schicksal? Also dass eine höhere Macht über den Menschen etwas verhängt, das dieser aber nicht beeinflussen oder gar berechnen kann? Häufig sprechen wir ja von einem traurigen oder tragischen Schicksal. Von daher hat dieses Wort etwas Bedrohliches. Die Frage bleibt: Ist unser Lebenslauf vorherbestimmt?
Die Lesung aus dem Epheserbrief kann uns dabei weiterhelfen. Paulus spricht dort sogar von Bestimmung und Vorherbestimmung. Der Abschnitt ist ein großes Lobgebet. Der Hymnus beginnt so: Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Diejenigen, die an diesen Gott glauben und ihm ihr Leben anvertrauen, haben eine Bestimmung: Er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und zu ihm zu gelangen […], zum Lob seiner herrlichen Gnade.
Unsere Bestimmung ist, an der Hand und an der Seite Jesu, ganz in die Nähe Gottes zu finden, sich sogar wie Jesus als Sohn Gottes, als Tochter Gottes zu verstehen. Wir sollen zu ihm gelangen. Der Weg in die Vertrautheit, in die innige Nähe zu Gott-Vater ist Jesus Christus. Kein namenloses, kaltes Schicksal verfügt da etwas. Unsere Bestimmung kommt vielmehr aus der Liebe, sie gründet in der Liebe des Vaters.
Wo wir unsere Bestimmung bejahen – ein anderes Wort für loben –, wird es gut zwischen Gott und uns und zwischen uns Menschen. Ja-Sagen zu dieser unserer Bestimmung, das ist Gott loben. Deshalb heißt es am Ende des Hymnus noch einmal: Wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt (V 12).
Das wäre es, was der himmlische Vater für uns vorsieht. Er wartet geduldig auf unsere freie Zustimmung – zu unserer Bestimmung.
Christoph Benke
https://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2024/07/Haende-bunt-e1736120780835.jpg9001600Andrea Kainzhttps://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2022/12/logo-medium.pngAndrea Kainz2024-07-16 15:22:082025-01-20 11:05:51Ja-Sagen zu unserer Bestimmung
Gott will, dass wir uns auf unsere Füße stellen, wenn wir mit ihm reden, nicht, dass wir vor ihm am Boden liegen; uns als solche sollen wir sein Werk fortführen. Das führte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 14. Sonntag im Jahreskreis, dem 7. Juli 2024, aus.
Wieder stehen und gehen lernen – das kann einem nach einer kraftraubenden Krankheit oder einem Unfall ins Haus stehen. Mühsam, Schritt für Schritt – aber zuallererst: aus dem Bett auf die Beine kommen. Sich auf die Füße stellen und guten Stand finden, so lautet das Primärziel. Und umgangssprachlich meint ja „sich auf die Füße stellen“: sich behaupten, jemandem endlich Widerstand entgegensetzen.
Ist uns klar, dass das – nämlich: sich auf die Füße stellen – Gottes Wille ist? Hören wir den Beginn der Lesung. Da heißt es: Das war das Aussehen der Gestalt der Herrlichkeit des HERRN. Und ich schaute und ich fiel nieder auf mein Angesicht. Da hörte ich die Stimme eines Redenden. Er sagte zu mir: Menschensohn, stell dich auf deine Füße; ich will mit dir reden. (Ez 28,1-2) Der Prophet schaut die Herrlichkeit des Herrn, die Größe Gottes. Dieser Anblick ist zu viel. Überwältigt fällt er auf sein Angesicht.
Aber dabei bleibt es nicht. Ezechiel hört: Menschensohn, stell dich auf deine Füße. Es gilt also: Gott will, dass ich mich auf meine Füße stelle. Er hilft aufzustehen. Er hilft uns, wieder aufzustehen, auch wenn es schwer ist und wir wenig Zuversicht haben. Er will, dass wir auf eigenen Beinen stehen, also mit Selbstvertrauen und Selbstgewissheit festen Stand im Leben haben.
Und das alles, weil er mit uns, mit mir reden will. Bleiben wir in Bauchlage, zeigen wir dem Herrn nicht unser Gesicht, dann kann er nicht mit uns reden. Gott ist Gott, der Mensch ist Geschöpf und abhängig. Aber Gott will keine Unterwerfung aus Angst, sondern eine freie, liebevolle „Blickverbindung“ – von „unten“ nach „oben“.
Gott will „g’standene Leut‘“. Als solche will er uns brauchen, sein Werk fortzuführen. Deshalb heißt es gleich nachher: Menschensohn, ich sende dich (V 3).
Christoph Benke
https://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2024/07/Wanderin-Aussicht.jpg?ver=17361927469001600Andrea Kainzhttps://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2022/12/logo-medium.pngAndrea Kainz2024-07-09 11:17:202025-01-20 11:04:56Gott will „g´standene Leut“
Über Erzählungen, in denen der Evangelist Markus über Heilungen berichtet, und die Frage, was das für uns als Gemeinde bedeutet, predigte Diakon Mag. Arthur Schwaiger
am 13. Sonntag im Jahreskreis (30. Juni 2024) in Schönbrunn-Vorpark.
Der große deutsche Theologe Eugen Biser (1918-2014) hat immer wieder betont, dass das Christentum eine therapeutische Religion ist. Es geht in unserem christlichen Glauben um Heil, Heilung, Heil- Sein….. Nicht umsonst heißt es in zwei alten Kirchenliedern:
Christus, der Heiland, stieg zu uns hernieder…
Der Heiland ist erstanden…
Im heutigen Evangelium erzählt der begnadete Erzähler Markus zwei Heilungserzählungen und macht uns als Hörende aufmerksam auf die Wichtigkeit des erzählten Glaubens, der ganz anders ist als Belehrung und Moralisieren.
Die beiden Erzählungen, die miteinander und ineinander verzahnt sind – die Zahl 12, Heilung durch Berührung, Anrede als Tochter, der Heilungswunsch in der großen Öffentlichkeit, die Heilung selber im kleinen Kreis…- erzählen von Frauen, die aus massiver Not zu neuem Leben in seelischer und körperlicher Integrität finden, gerettet durch tiefen Glauben und die heilende Kraft Gottes. Diese Erzählungen zeichnen ein Hoffnungsbild, das Frauen in Israel über alte Lebensübergänge hinweg als freie Töchter Gottes zeigt, frei von Beeinträchtigungen und Einschränkungen jeglicher Art.
Dieses Evangelium stellt an uns als Gemeinde Fragen:
Sind wir eine heilend-heilsame Gemeinde?
Sind wir eine berührbare und anrührbare Gemeinde?
Welche Beziehung haben wir zu den Sakramenten der Heilung?
Haben wir bei der Praxis dieser beiden Sakramente den Mut, verschüttete Traditionen wieder aufzugreifen? – Vgl. H.Wolf – Krypta – Ich denke dabei an die urkirchliche Praxis bei der Krankensalbung – nur das Öl musste vom Bischof gesegnet sein – oder an die Traditionen der Beichtmütter und der Laienbeichte!
Dieses Evangelium kann uns Mut machen, radikal auf den Glauben zu setzen nach dem Beispiel des Jairus und der blutflüssigen Frau. Sie sind dieses Risiko eingegangen!
Denn: Wer glaubt, braucht keine Wunder! Wer nicht glaubt, dem helfen keine Wunder!
Dass es notwendig ist, sich für etwas zu engagieren, und andererseits sich auf das Tun der anderen und des Heiligen Geistes zu verlassen, zeigte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn Vorpark am 16. Juni 2024, dem 11. Sonntag im Jahreskreis, auf.
Wer sich heutzutage für ein bestimmtes Anliegen engagiert einsetzt, gilt als Aktivist. Es gibt Umweltaktivisten, Tierschutzaktivisten, Menschenrechtsaktivisten. Es sind Personen, die mit Taten Ziele fördern. Sie bemerken einen Missstand und sagen „Man muss doch etwas tun“, und zwar ohne politisches Amt oder Mitarbeit in einer Partei.
Die anderen, die dabei nicht mittun, müssen deswegen nicht bequem oder gleichgültig sein. Das heißt nicht, dass ihnen die Anliegen egal sind.
Der Gedanke oder der Impuls „Man muss doch etwas tun“, so wichtig und richtig er ist, schafft ein Gewicht und macht Druck. Das ist erwünscht. Aber damit der Druckkochtopf nach einiger Zeit nicht explodiert, braucht es den Druckausgleich. Der Druckausgleich, das Gegengewicht, ist ein wenig versteckt. Es ist dieses Jesus-Wort: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht. (VV 26-28)
Es gilt beides: Ja, „man muss doch etwas tun“ auf der einen Seite. Und Gelassenheit und Vertrauen, dass die Erde von selbst ihre Frucht bringt, auf der anderen Seite. Diese Welt ist in Gottes Hand. Das ist unser Glaube. Ich bin, du bist, wir sind in Gottes Hand – das ist unser Glaube. Ich tue, was ich kann – und das Übrige überlasse ich den anderen und dem vielfältigen Wirken des Heiligen Geistes. Er aktiviert auch Selbstheilungskräfte.
Engagierte Gelassenheit – das wäre es, um an die großen Aufgaben heranzugehen. Um diese engagierte Gelassenheit zu lernen, müssten wir gelegentlich den Herrgott einen guten Mann sein lassen – im eigentlichen Sinn des Wortes.
Univ. Prof. Dr. Johann Pock hat sich in seiner Predigt am 9. Juni 2024, dem 10. Sonntag im Jahreskreis, in Schönbrunn Vorpark mit der Schuldfrage (ausgehend vom Bild vom verlorenen Paradies) und dem Sprengen von Grenzen (konkret der Familie Jesu) auseinandergesetzt und dazu ermutigt, mit Gott Grenzen zu überwinden.
Die heutigen Schriftstellen machen es mir als Prediger nicht einfach. So vieles daran ist nicht nett oder aufbauend. Heute werden uns Bibelstellen zugemutet, die uns konfrontieren:
Wer ist schuld? (1. Lesung aus Genesis 3)
Da ist zunächst die Erzählung von der Erbsünde, von der „Ursünde“. Wer kennt es nicht, das Bild vom verlorenen Paradies: Eva, die dem Adam den Apfel reicht; die Schlange, die den beiden einredet, sie sollen gegen Gottes Gebot verstoßen. Und wer war letztlich schuld? Er? Sie? Die Schlange? Oder gar Gott, weil er so ein blödes Gebot aufgestellt hat?
Mit dieser Bibelstelle sind wir in ein uraltes Drama hineingenommen. Es ist gewissermaßen eine Inszenierung menschlichen Verhaltens: Es geht ja ständig darum, das eigene Verhalten und die eigene Situation zu entschuldigen – irgendwer muss schuld sein, nur nicht ich. – Wenn man sich die Szene genau durchliest, muss man fast schmunzeln, mit welcher psychologischen Einfühlung der Autor hier vorging.
Und doch: Es ist eine Erzählung, die etwas verdeutlichen will: Obwohl Gott die Welt und den Menschen gut geschaffen hat, gibt es das Böse; es gibt Tod, Krankheit, Leid und Ungerechtigkeit. Doch Gott hat diese negativen Seiten nicht geschaffen (Es heißt ja ständig: „er sah, dass es gut war …). Vielmehr sind sie die Frucht der Freiheit des Menschen. Gott hat den Menschen, er hat einen jeden von uns, als sein Ebenbild geschaffen – so heißt es ein Kapitel vorher. Wir sind also nicht Marionetten an einer Schnur, sondern freie Personen, mit einem eigenen Willen – und mit einer eigenen Verantwortung.
Die Erzählung vom Verlust des Paradieses will sagen: Es ist eine Frage des Umgangs mit unserer Freiheit, ob wir das Gute oder das Böse tun; ob wir uns entfernen von Gottes Willen.
Und wir können unterscheiden zwischen Gut und Böse, zwischen richtig und falsch – auch das ist hier gesagt: Und damit bin ich als Mensch selbst in die Verantwortung genommen, mein Leben zu gestalten – und ich kann mich auf niemand anderen ausreden: Weder auf die Umstände noch auf die anderen noch auf Gott.
Jesus sprengt Grenzen (Evang. Mk 3,20-35)
Die zweite Stelle ist das Evangelium. Und hier zeigt sich uns ein Jesus, den die Leute beschreiben mit: „Er ist von Sinnen!“ Anscheinend hat er anders gehandelt als erwartet – und zwar, anders als seine es Familie erwartet hatte. Seine Familie will ihn holen. Die Gründe werden nicht genauer genannt; aber man kann es sich vorstellen: Er hat seinen Beruf daheim aufgegeben; er zieht mit einigen Fischern und Freunden durch die Gegend – und er zieht den Zorn von Römern und der jüdischen Obrigkeit auf sich. Er gibt sich mit Gesindel ab – d.h. er bringt die eigene Familie in Verruf.
Und wie reagiert Jesus? Er kommt nicht zur Vernunft, ganz im Gegenteil: „Wer ist meine Familie?“, fragt er – und fügt hinzu: Ihr alle seid meine Familie, wenn ihr den Willen des Vaters tut.
Nicht mehr die Familie, in die er hineingeboren ist, zählt für ihn, sondern die Familie in einem geistlichen Sinn.
Was muss damals in Maria vorgegangen sein? Oder in seinen anderen Angehörigen?
Was Jesus damit sagen will, ist: Es gibt etwas, was die Blutsverwandtschaft, die gerade für Völker im Nahen Osten so wichtig war und ist, übersteigt: Es gibt eine Verwandtschaft aufgrund der gemeinsamen Berufung durch Gott.
Und erst damit wurde es möglich, dass seine Lehre nicht nur eine kleine Sekte geblieben ist. Damit war es möglich, dass die Apostel die Grenzen Judäas überschritten haben und bis nach Athen und Rom gekommen sind, um das Christentum zu verkünden. Und dass diese Botschaft nun schon 2000 Jahre überdauert hat.
Das Christentum ist eine Botschaft, die Grenzen sprengen möchte: Die Grenzen zwischen den Völkern, zwischen Arm und Reich, zwischen Juden und Griechen, zwischen Ungläubigen und Gläubigen …
Ermutigungen: Mit Gott Grenzen überwinden
Zwei schwierige Bibelstellen, die zum Nachdenken anregen können: Über die eigene Freiheit des Handelns – und die Verantwortung; über Gutes und Böses im eigenen Leben.
Und darüber, ob der eigene Glaube, ob mein christlicher Glaube, für mich eher eine Grenze ist; ein Schutzwall gegen außen. Oder ob er manchmal auch ein Sprungbrett sein kann: Um die eigenen Ängste zu überwinden; um andere an mein Herz heranzulassen; um (wie es in einem Psalm so schön heißt) vielleicht mit meinem Gott sogar Mauern zu überspringen (Ps 18,30).
Johann Pock
https://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2024/06/boy-2027761_1920-1.png7831594Andrea Kainzhttps://www.pfarreburjan.at/wp-content/uploads/2022/12/logo-medium.pngAndrea Kainz2024-06-10 14:48:412025-01-20 10:59:51Von der Schuldfrage bis zur Überwindung von Grenzen: Biblische Spannungsbögen
Am 12. Juni feiern wir den Gedenktag unserer Pfarrpatronin Hildegard Burjan (*1883 in Görlitz, †1933 in Wien).
Die Ehefrau, Mutter, Politikerin und Gründerin der Caritas Socialis war akademisch gebildet, mit einem wachen Blick für die Missstände in der Gesellschaft. Tatkräftig, innovativ und mutig beschritt sie neue Wege der Hilfe: als erste weibliche Abgeordnete der christlich-sozialen Partei im österreichischen Parlament und als Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (CS).
Im Namen CARITAS SOCIALIS hat Hildegard Burjan das Wesentliche ausgedrückt: Diese Gemeinschaft lebt aus der Liebe Gottes (CARITAS) und möchte dazu beitragen, dass diese Liebe in unserer Gesellschaft erfahrbar wird (SOCIALIS). Ihrer Zeit im sozialen Denken weit voraus leistete Hildegard Burjan Pionierarbeit. Kraft für ihren außergewöhnlichen Einsatz schöpfte sie aus dem Glauben.
Als Jüdin ließ sie sich nach schwerer Erkrankung taufen und wirkte nach dem Motto „Die Liebe Christi drängt uns …“ (2 Kor 5,14). In Gott verwurzelt fand sie Halt in den Spannungen zwischen Ehe, Familie und beruflichem Engagement, zwischen Politik und Kirche, der Arbeit für die Ärmsten der Gesellschaft und dem Leben in gutbürgerlichen Kreisen, als verheiratete Leiterin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis.
Auch wir erleben vielfältige Spannungen in unserem Alltag. Hildegard Burjan kann uns im Umgang damit Vorbild, Inspiration und Fürsprecherin sein.
Gebet zum Gedenktag
Das Gebet zum Gedenktag Hildegard Burjans am 12. Juni lautet:
Treuer Gott, in deiner Liebe verwurzelt
konnte die selige Hildegard Burjan
als Mutter, Politikerin und Gründerin
der Caritas Socialis für die Würde des Menschen
und soziale Gerechtigkeit eintreten.
Gib uns die Kraft ihres Glaubens und
den Mut ihrer Liebe,
um unsere Aufgabe
in Kirche und Gesellschaft,
Familie und Beruf treu zu erfüllen.
Darum bitten wir durch Jesus Christus
unseren Herrn. Amen.