In guter oder schlechter Gesellschaft? – Predigt

Dr. Christoph BenkeWar Jesus am Kreuz in guter oder schlechter Gesellschaft? Und was folgt daraus für uns? Darüber predigte Dr. Christoph Benke am Christkönigssonntag (23.11.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Mit wem man durchs Leben geht, kann man sich nicht immer aussuchen. In die Herkunftsfamilie wird man hineingeboren, ungefragt. Am Arbeitsplatz, im Büro gibt es Leute neben mir und vor mir. Aber da und dort kann ich steuern, mit welchen Leuten ich mich umgebe – ob ich mich sozusagen in guter oder schlechter Gesellschaft befinde.

Wir feiern heute das Christkönigsfest. Wir hörten einen kleinen Ausschnitt aus der Passion Jesu: Christus, der König und zwei Verbrecher neben ihm. Christus, der König, befindet sich in schlechter Gesellschaft, die zwei Verbrecher in guter Gesellschaft. Die zwei Verbrecher hängen am Kreuz mit Christus. Aus dieser Gemeinschaft können sie sich nicht mehr herausstehlen. Nägel halten alle fest.

Auf vielen Darstellungen der Kreuzigung Christi fehlen die beiden Verbrecher. Das ist schade. Sie waren nämlich die erste christliche Gemeinde. Die beiden Verbrecher bildeten die erste sichere, unauflösliche christliche Gemeinde. Christliche Gemeinde ist überall, wo Menschen versammelt sind, die Jesus nahe sind; so nahe, dass sie seine Verheißung hören können: dass dieser Jesus alles, was er ist, für sie ist; dass er alles, was er tut, für sie tut, so, dass sie von dieser Verbindung leben dürfen. Die erste christliche Gemeinde waren diese zwei Verbrecher.

Die zwei Übeltäter, die jetzt als Gekreuzigte bei ihm waren, hatten wohl zuvor kaum von Jesus gehört, geschweige denn, dass sie gläubige, bekehrte Leute waren. Im Gegenteil! Dafür aber konnten sie ihn jetzt nicht allein lassen, konnten nicht schlafen und auch nicht fliehen. Er und sie, sie und er waren verbunden – in Ewigkeit.

Christus starb nicht für eine gute, sondern für eine böse Welt; nicht für die Frommen, sondern für die Gottlosen. Wir müssen jetzt nicht erst Verbrecher werden. Aber wir sollten wissen: Menschen, die sich im Grunde für gut und in Ordnung halten, haben in dieser Szene keinen Platz – es sei denn im Gegenüber, inmitten der distanzierten Menge.

Wer ist Jesus, diesem ganz anderen König des Universums, wirklich nahe? Auf der Suche nach einer Antwort ist mit Überraschungen zu rechnen.

Untergangsszenarien und Hoffnung? – Predigt

Dr. Hans PockWas sagen uns Texte über Untergangsszenarien und Warnungen vor falschen Propheten als Lesungen an den letzten Sonntagen des Kirchenjahres? Und wie hängen sie mit der Hoffnung, die uns zugesagt wird, zusammen? Darüber predigte Dr. Johann Pock am 33. Sonntag im Jahreskreis (16.11.2025 )in Schönbrunn-Vorpark.


Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Da kommt man in den Gottesdienst und möchte sich aufbauen lassen; möchte hören, dass alles gut ist – und dann hören wir im Evangelium am Ende des Kirchenjahres so schwermütige Texte; die Rede ist von Zeichen des Untergangs; wir werden dazu ermahnt, wachsam zu sein.

Und stimmt das nicht mit unserer Wahrnehmung unserer Zeit überein? In der ganzen Welt sehen wir Zeichen der Angst: Kriege in vielen Ländern; die Sorge um die Zerstörung der Schöpfung; die drohende Klimakatastrophe, eine versinkende Stadt Venedig – auf der Klaviatur der Ängste der Menschen kann man heute leicht spielen und sogar Wahlen gewinnen.

Was kann und will uns in dieser Situation ein solches Evangelium sagen? Drei Punkte: Die Ankündigung des Endes / die Mahnung, sich nicht irreführen zu lassen / und das Wort von der Hoffnung.

1) Die Ankündigung

„Es wird eine Zeit kommen, da wird von allem, was ihr hier seht, kein Stein auf dem andern bleiben; alles wird niedergerissen werden.“

Als der Evangelist das niederschreibt, ist der Tempel in Jerusalem bereits zerstört, Jesus ist 40 Jahre zuvor gestorben; wir schreiben das Jahr 70 n.Chr. Für die Jünger Jesu, für die junge Christenheit hat sich damit Jesu Ankündigung bereits erfüllt. Es ist für sie ein Zeichen, dass Jesu Worte wahr waren: Die Welt, wie sie sie bis dahin kannten, gibt es nicht mehr.

Wir dürfen also solche Texte nicht als Ankündigung für heute lesen, als ob bald alles untergehen würde.

Die Jünger der ersten Jahrhunderte erlebten viel Verfolgung wegen ihres Glaubens. Ihnen gelten diese Worte: Lasst euch nicht ängstigen.

Auch wenn ihr verfolgt werdet: Das Wort Jesu gilt. Wie seine Weissagung über die Zerstörung des Tempels wahr ist – so ist auch seine Auferstehung wahr.

Keinesfalls sind die Hinweise auf die Erdbeben und Katastrophen ein Hinweis auf mögliche Strafen Gottes, wie es auch ab und zu verkündet wird. Für die Christen war es anders: Damit wird gesagt – all das, was Jesus gesagt hat, stimmt. Also auch, dass er der Sohn Gottes ist. Und es stimmt, dass damit der Tod nicht mehr das letzte Wort hat.

2) „Lasst euch nicht irreführen“

Dieses Wort ist wohl eines der wichtigsten im heutigen Evangelium: Die Mahnung, auf die rechten Zeichen zu achten. Die Mahnung, nicht falschen Propheten nachzulaufen.

So leicht geschieht dies heute: Wie der Rattenfänger von Hameln spielen heute so manche Personen die Flöte des Populismus. Sie sagen das, was die Leute hören wollen. Sie machen sich anscheinend zum Sprachrohr für die sogenannten „Wutbürger“.

Und auch die neuen Medien sind voll von falschen Botschaften.

Woran aber erkennt man die richtigen Propheten? Das hat Jesus seinen Jüngern mehrfach gesagt: Das Reich Gottes bricht dort an, wo Blinde sehen, Lahme gehen. Dort, wo anderen geholfen wird.

Und die richtigen Propheten sind jene, die selbst am meisten erleiden; die bereit sind, sich wirklich mit den anderen zu solidarisieren. Die nicht nur große Worte machen, sondern sich auf Augenhöhe mit den Leidenden begeben.

Die wahren Propheten sehe ich heute vor allem in den Menschen, die Flüchtlingsarbeit machen; die Pflegerinnen und Pfleger sind; die in der Caritas oder im Hospiz ehrenamtlich mitarbeiten.

Heute müsste man sagen: Lasst euch nicht irreführen von Demagogen und Populisten. Schaut nicht nur auf Worte, sondern auf ihre Taten. Eine helfende Hand ist immer richtig; ein Mensch, der sich um andere kümmert; der Kranke pflegt, der Einsame besucht – der ist für mich einer der wahren Propheten.

3) Die Hoffnung

Der Schluss des Evangeliums verheißt:

„Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen.“ Darum geht es hier: Bei allem, was es vielleicht an Bedrängnissen gibt – das Ziel ist das Leben. Bei aller Krankheit, bei allem Leiden – es geht ums Leben. Und im Johannesevangelium heißt es dann: Dieses Leben ist ein Leben in Fülle.

Und damit schließt das Evangelium an die prophetischen Verheißungen an.

Der Prophet Maleachi spricht von der „Sonne der Gerechtigkeit“: „Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und ihre Flügel bringen Heilung.“

Das meint die grundsätzliche Hoffnung auf Gerechtigkeit in Zeiten der Unterdrückung. Christlich gedeutet ist es aber Jesus selbst, der diese Sonne der Gerechtigkeit ist.

Wir stehen am Schluss des Kirchenjahres – nächste Woche ist Christkönig und dann Advent. In der dunkelsten Zeit des Jahres wollen uns diese Texte aufmerksam machen: Lasst euch nicht ängstigen! Achtet darauf, dass ihr nicht jenen falschen Propheten auf den Leim geht, die mit großen Worten auf ihr eigenes Heil schauen.

Vor allem aber: Glaubt an diesen Jesus, der die Sonne der Gerechtigkeit ist. Gestaltet euer Leben nach seinem Beispiel – und ihr werdet das Leben gewinnen; „Die Flügel Gottes bringen Heilung.“

mission statement – Predigt

Dr. Christoph BenkeJedes Unternehmen hat ein Leitbild. Die Seligpreisungen könnten ein Leitbild für uns Christen sein. In ihnen wird die meist geltende Ordnung auf den Kopf gestellt. Was die Brille der Seligpreisungen für uns bedeutet, legte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am Fest Allerheiligen dar.


Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, muss heutzutage ein mission statement aufweisen. Das mission statement ist ein Leitbild. Es erklärt kurz und prägnant den Zweck, die Ziele und die Grundsätze eines Unternehmens. Dort können alle nachlesen, welche Grundsätze die Planungen und Handlungen leiten – zur Orientierung für Mitarbeiter nach innen, zur Transparenz nach außen.

Viele Firmen oder NGOs wie das Rote Kreuz haben ein mission statement. Auch die Erzdiözese Wien hat ein Leitbild. Derzeit wird es überarbeitet. Es wird dann mission statement heißen. Ich habe dazu einen inhaltlichen Vorschlag: die Seligpreisungen der Bergpredigt. Sie sollten ganz am Anfang des Neuentwurfs stehen. Die Seligpreisungen sind der Kern der Verkündigung Jesu. Die Seligpreisungen sind so etwas wie das Evangelium im Evangelium.

Die Seligpreisungen drehen die Ordnung um. Das, was in den Augen vieler ganz unten ist, kommt hinauf; das, was nichts gilt, erhält ewige Anerkennung: Selig die Armen, selig die Barmherzigen. Die, die in den Augen der Welt blöd sind, weil sie nicht drein hauen, sondern sanftmütig sind – sie haben erkannt, worauf es ankommt. Diejenigen, die nicht auf Berechnung setzen und ohne Hintergedanken sind, die also ein reines Herz haben, sie werden Gott schauen.

Wir merken: Durch die Brille der Seligpreisungen der Welt und den Menschen zu begegnen, ist ein statement. Das ist mehr als ein Leitbild, das ist ein gänzlich anderes Weltbild. Das erfordert eine Entscheidung. Wir feiern heute die vielen, die sich vom Geist der Seligpreisungen leiten ließen. Der Geist Jesu stärke und ermutige uns zu, jeden Tag.

Glauben lernen – hartnäckig bleiben und tätig werden – Predigt

Dr. Hans PockMit den Fragen, wie das mit dem Beten so ist, wie wir einander dabei stützen können und woran wir erkennen, dass es auch in Zukunft noch Glauben geben wird, beschäftigte sich Univ. Prof. Dr. Johann Pock in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 29. Sonntag im Jahreskreis (19.10.2025).


In dieser Feier gibt uns die Heilige Schrift einige Ratschläge für das Leben und das Gelingen eines christlichen Lebens – und vor allem zur Weitergabe des Glaubens.

1) Da ist zunächst die zweite Lesung: Ein Brief, den der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus geschickt hat.

„Du weißt, von wem du es gelernt hast; du kennst von Kindheit an die heiligen Schriften“:  Paulus nennt die Bedeutung, den Glauben möglichst früh weiterzugeben, von Kindheit an. Dabei geht es aber nicht primär darum, selber möglichst fromm zu sein oder in den Himmel zu kommen.

Sondern es heißt weiter: Die Schrift ist nützlich zur Belehrung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit … „damit der Mensch Gottes gerüstet ist, ausgerüstet zu jedem guten Werk.“

Gläubig sein heißt hier: zum guten Werk gerüstet sein. Den Glauben erhalten wir also nicht nur für uns selbst, sondern füreinander. Und Glauben ist nicht das Fürwahrhalten von Wahrheiten – sondern das Tätigwerden im Guten.

2) Die Witwe im Evangelium bietet einen zweiten Zugang zum Glauben.

„Mein Gott, ist die lästig! So was von unverschämt!“ So könnte der Richter im Evangelium gedacht haben. Die Witwe gibt keine Ruhe und lässt sich nicht abwimmeln.

Dieses Gleichnis von dem ungerechten Richter und der nervigen Witwe ist ein eigenartiges Gleichnis. Die Einleitung zu dieser Geschichte lautet ja: Jesus erzählt ein Gleichnis, um zu sagen, dass die Leute allezeit beten sollen.

Damit ist zumindest das Ziel klar: Es geht darum, nicht nachzugeben beim Gebet, auch wenn es ausweglos erscheint. Dass Jesus im Gleichnis gewissermaßen Gott mit dem ungerechten, grantigen Richter vergleicht – das können wir wohl seinem Humor zuschreiben.

 

Unser Beten in Gottes Ohr

Wenn wir uns näher auf das Evangelium einlassen, können wir vielleicht fragen: Wie mag es wohl Gott damit ergehen, wenn er Tag und Nacht die Notschreie unzähliger Menschen hört? Laut Jesus sind sie ihm nicht gleichgültig. Ist er ohnmächtig? Müsste es ihm nicht ein Leichtes sein, Gerechtigkeit zu schaffen?

Was Gott vom Richter im Gleichnis unterscheidet: Er liebt die Menschen und möchte, dass es ihnen gut geht.

Was kann da unser Beten dazu beitragen, dass die Welt besser wird? E

Mit dem Gebet können wir Not, Hilfeschreie, Wünsche und Anliegen ins eigene Bewusstsein und in das anderer Menschen bringen. Dass Gott erst durch unser Beten auf die Notlagen aufmerksam würde, ist wohl zu naiv gedacht – er weiß schon, was wir nötig haben. D.h. nicht Gott hat das Gebet notwendig – sondern wir selbst!

Wir solidarisieren uns mit anderen, wenn wir den Schrei nach Recht und Gerechtigkeit der Menschen vor Gott bringen.

Aber hilft Beten überhaupt? Ist das nicht eine naive und überholte Haltung?

Ich bin fest überzeugt, dass Beten hilft. Jedoch wirkt es nicht wie ein Brief an das Christkind. Zumeist ist wenig bewusst, dass es viele Formen des Betens gibt. Auf unterschiedlichen Wegen kann zur Sprache gebracht werden, was nottut: Rosenkranz, Anbetung, Morgen- und Abendgebete.

Oder auch das Pilgern; das Wallfahren – wo man auf dem Weg nicht nur mit den Blasen an den Füßen beschäftigt ist, sondern wohl auch Zeit hat, über den eigenen Glauben nachzudenken.

Allezeit beten und darin nicht nachlassen

An wen ist der leidenschaftliche Apell Jesu „allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen“, denn eigentlich gerichtet? Zunächst an die Jünger. Vermutlich erlagen diese ähnlich wie viele Menschen der Versuchung, sich als schweigende Mehrheit zurückzuziehen, zu resignieren und ohnmächtig abzuwarten. Was kann meine Stimme schon ausrichten?

Schweigende Mehrheiten werden gerne von Menschen, die deren Stimmlosigkeit ausnützen, missbraucht. Es ist not-wendig, dass wir unsere Stimme erheben und kundtun, was unserer Meinung nach Not wenden kann.

Es ist notwendig, auch aufzustehen gegen Ungerechtigkeit: Sei es Ungerechtigkeit gegen Menschengruppen, gegen Minderheiten; oder auch Ungerechtigkeit gegen die Schöpfung.

Von Mose wird erzählt, dass er müde wurde und nicht mehr die Kraft hatte, die Hände im Gebet erhoben zu halten. 2 Männer stützten seine Arme, der eine rechts, der andere links – und damit konnten sie gegen die Feinde bestehen.

Ob nicht auch unsere Caritasleute und die vielen anderen, die sich für die Rechte der Schwachen einsetzen, mehr Unterstützung bräuchten; nicht nur mit Geld, sondern auch durch gutes Reden?

3.) Das Evangelium schließt mit einem nachdenklichen Wort: Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, noch Glauben auf der Erde finden?

Damit ist eine Brücke zur Lesung geschlagen: Glaube entsteht nicht automatisch. Er entwickelt sich. Er braucht auch Übung – mit regelmäßigem Beten; mit regelmäßigem Gottesdienst …

Ist das nicht auch die Frage so mancher Eltern und Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln? Sie erziehen sie im Glauben; sie versuchen, etwas mitzugeben – aber wird es in 10, 20, 50 … Jahren noch Glauben geben?

Und ich muss sagen: Ich bin da optimistisch! Es geht ja nicht um das Glaubenswissen, um das Aufsagen können von Geboten – sondern um den Glauben, der sich in den guten Werken ausdrückt.

„Bleibe bei dem, was du gelernt und wovon du dich überzeugt hast. Du weißt, von wem du es gelernt hast.“ – Dieser Rat von Paulus ist für mich sehr eindrücklich:

  • Zum einen: Mich immer wieder daran zu erinnern, woher mein Glaube kommt; wie er gewachsen ist.
  • Aber auch: Wovon habe ich mich in meinem Leben selbst überzeugt? Welcher Teil des Glaubens ist von einem kindlichen Glauben zu einem erwachsenen Glauben geworden? Er darf sich also auch verändern.
  • Und dann das Wort: „Du weißt, von wem du es erlernt hast“. Also die Wertschätzung gegenüber jenen, die uns eingeführt haben in den Glauben; die Wertschätzung gegenüber den „Ältesten“, wie sie in der Bibel heißen.

Wenn wir mit unserem Gebet und unseren guten Werken nur ein wenig dazu beigetragen haben, dass nächste Generationen gute Menschen geworden sind, dann habe ich keine Sorge, ob Jesus dereinst noch Glauben auf der Erde finden wird.

 

Aufschauen zum Kreuz – Predigt

Dr. Hans PockZum Fest der Kreuzerhöhung (14.09.2025) predigte Univ. Prof. Dr. Johann Pock in Schönbrunn-Vorpark über die manchmal missbräuchliche Verwendung des Kreuzes, vorrangig aber über das, was es für einen Gläubigen bedeutet, zum Kreuz aufzuschauen.


Erhobenes Kreuz als symbolische Aktion

Ein erhobenes Kreuz in der Hand: Das zieht sofort den Blick auf sich. Was will ich damit? Will ich Gutes oder Schlechtes? Will ich was zeigen – oder will ich von den Menschen etwas, die darauf schauen?

– Die Hand mit dem Kreuz – sie findet sich auf ganz vielen Kanzeln in Österreich und Deutschland. Hier war sie ein Zeichen des wahren Glaubens im Kampf zwischen Katholiken und Protestanten. Es war ein Zeichen der Glaubensmacht, mit der nicht nur Gutes angerichtet worden ist.

– Die Hand mit dem Kreuz findet sich auch auf vielen Darstellungen der Mission in früherer Zeit.

– Aber das Kreuz wird positiv heute noch zu vielen Gelegenheiten erhöht; so heißt es nicht zuletzt am Grab: Das Kreuz Jesu Christi sei aufgerichtet über deinem Grab. Das Kreuz wird vorangetragen bei Prozessionen.

Das Kreuz ist somit für uns heute ein Zeichen der Rettung; ein Zeichen, dass da einer ist, der stärker ist als der Tod.

Rettung durch das Aufschauen bei Mose

Die Lesung aus dem Alten Testament erzählt etwas Ähnliches: Menschen sterben wegen einer Schlangenplage – da richtet Mose eine eiserne Schlange an einem Stab auf – und wer darauf blickt, der wird gerettet. Aber nicht der Stab oder die eiserne Schlange rettet, sondern Gott ist es, an den sie dabei denken sollen.

So ist es auch hier bei uns: Das Kreuz ist ein Zeichen, das uns auf Jesus verweist, auf sein Leiden und Sterben; auf sein Mitleiden mit uns. Dabei fallen mir einige wichtige Aspekte auf:

 

 

Aufschauen verändert Blick und Haltung

Da ist zunächst das Aufschauen:

  • Aufschauen bedeutet: Ich hebe meinen Kopf auf; ich versinke nicht in mich selbst.
  • den Blick von mir und meinem Leid wegwenden
  • Hilfe von außen, von oben erhoffen und annehmen können
  • zugeben, dass ich nicht alles selbst leisten oder schaffen kann
  • Aufschauen – das ist der Schritt weg vom Niedergeschlagen-Sein. Heute sprechen wir von der „De-Pression“: niedergedrückt, bedrückt zu sein vom Leben, von Leid, von Sorgen.
  • Aufschauen ist ein Schritt hinaus aus der Niedergeschlagenheit.

 

Wie schön ist da z.B. der Psalm 121: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen … Von wem kommt mir Hilfe? Die Hilfe kommt von meinem Herren …“

 

Auf das Kreuz schauen

Und an diesem Fest schauen wir auf zum Kreuz:

  • Das Kreuz anzusehen bedeutet: Ich erwarte Hilfe: von einem, der selber gelitten hat; nicht von einem Star, nicht von einem unberührbaren Gott, dem ich egal bin.
  • Kreuz sagt nicht sofortige Hilfe zu, sondern: Da ist einer, der mitleidet; einer der weiß, was Freude und Menschsein heißt – aber auch, was Leiden und Schmerzen haben bedeutet.
  • Dieser Jesus nimmt mir mein Kreuz nicht ab – aber er trägt an meinem Kreuz mit. Ich bin mit meinem Kreuz, mit meinem Leid nicht allein.
  • Der Blick aufs Kreuz verbindet mich mit den vielen Kreuzen, die es seit der Zeit Jesu gegeben hat und auch heute noch gibt: Leid und Sorgen der Menschen – die dieser Jesus alle in seinem Leid am Kreuz mitgetragen hat.

Und schließlich dürfen wir als Christen nicht vergessen: Das Kreuz ist nicht der Endpunkt. Es hatte in der frühen Christenheit eigentlich noch kaum eine Bedeutung – denn das Wichtige war die Auferstehung. Die wichtigste Botschaft lautete: Er, der tot war, lebt – und wir mit ihm.

Es ging den ersten Christen vor allem um diese neue Gemeinschaft mit diesem Jesus; um den neuen Weg eines Lebens der Liebe zu den Nächsten und zu Gott.

Erst etwas später hat man dann auch das Kreuz als Heilszeichen entdeckt: Weil es eben die Auferstehung nicht ohne den Tod gibt; weil zum menschlichen Leben dieses Hindurchgehen durch Leid und Tod dazugehört.

Kreuzerhöhung – ein Fest für heute?

Und schließlich finde ich dieses Fest als ein spannendes Fest in der heutigen Zeit: Das Fest Kreuzerhöhung stellt das Scheitern in den Mittelpunkt; die Schmach eines Verurteilten und Ausgestoßenen.

Was ist das für ein Zeichen, dass wir einen am Kreuz Verurteilten als unseren Gott verehren – und gleichzeitig in einer Zeit leben, wo Menschen abgeschoben werden; wo nur zählt, was perfekt ist …

Das Kreuz ist zuallererst ein Zeichen des Scheiterns; ein Zeichen der Niederlage aller allzu menschlichen Machtphantasien. Wir dürfen dieses Kreuz nicht vorschnell verharmlosen – es ist und bleibt ein Skandalon, ein Ärgernis; es bleibt das letzte Wort Jesu am Kreuz: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen.“

Erst durch die Auferstehung wird es zum Zeichen, dass es eine höhere Macht gibt als die menschliche; dass der Tod nicht das letzte Wort hat

Schluss

Aufschauen zum Kreuz – das befreit aus Niedergeschlagenheit.

Aufschauen zum Kreuz – das kann befreien von Hoffnungslosigkeit.

Dies geschieht nicht automatisch wie durch Magie oder Zauber; sondern es gehört auch der Glaube an Gott dazu: der Glaube, dass er mich heilen will; dass er mich erlöst hat.

Ohne diesen Glauben ist das Kreuz nur ein Zeichen eines grausamen Todes – oder ein schönes Schmuckstück an der Wand.

Mit diesem Glauben aber wird es zum Zeichen des Lebens, das stärker ist als der Tod.

Gefesselt

Dr. Christoph BenkeGefesselt können wir von einem Buch, einem Film, einem Gespräch sein. Was aber meint der Apostel Paulus, wenn er sich als gefesselt bezeichnet, und was heißt das für uns? Darüber predigte Dr. Christoph Benke am 23. Sonntag im Jahreskreis in Schönbrunn-Vorpark.


Wann hat Ihnen zuletzt ein guter Kriminalroman eine halbe Nacht gekostet? Wann zuletzt ließ ein Film, ein Gespräch, irgendein Tun die Zeit im Flug vergehen? Das sind glückliche Momente. Wir waren ganz dabei, haben alles andere und sogar uns selbst vergessen, waren gänzlich gefesselt vom Krimi, fasziniert vom Film und seiner Handlung, gefangen vom Gespräch und vom Gegenüber. – Fesseln können also auch glücklich machen – wenn wir „hin und weg“ sind und uns das Staunen packt.

Der Apostel Paulus bezeichnet sich als Gefesselten, Gefangenen (Phlm 1). Das ist kein Wunder, denn er schreibt aus dem Gefängnis. Wegen seiner religiösen Gegner ist er im Kerker. Aber der eigentliche Grund ist Jesus Christus und sein Evangelium. Paulus würde die Fesseln des Evangeliums (Phlm 13) auch dann noch tragen, wenn er frei wäre. Aus Freiheit lässt er sich an Jesus binden. Das ist sein Glück. Er ist bleibend fasziniert von Jesus Christus, denn Jesus hat ihn von der Angst um sich befreit.

Nie und nimmer will er dieses Gebundensein an Christus abstreifen, auch wenn es ihn viel kostet – eben auch die Freiheit. Unermüdlich ist er unterwegs, um Menschen genau dafür zu gewinnen: ‚Habt keine Angst um euch, lasst euch faszinieren, fesseln von Jesus Christus und seiner Liebe.‘

Durch unsere Taufe sind auch wir gebunden an Jesus Christus, tragen auch wir die Fesseln des Evangeliums. Das ist Gabe und Aufgabe. Diese Gabe müssen wir beharrlich und geduldig mit Liebe und Leben füllen. Wenn wir von Jesus nicht mehr fasziniert sind, müssen wir ihn bitten, er möge uns neu faszinieren, binden und fesseln!

Inklusion

Auch wenn das Sonntagsevangelium nicht danach klingt, ist der Wille Gottes für uns Menschen sicher inklusiv. Das legte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 21. Sonntag im Jahreskreis (24.08.2025) dar.


Es gibt Dinge, an die wir uns nicht gerne erinnern. Dazu zählen Situationen, in denen uns ausgeschlossen fühlten – von einer Gemeinschaft, einer Familie, von Kollegen. Wir gehörten nicht dazu. Man ließ uns nicht mitspielen, nicht mitentscheiden, nicht teilhaben. Noch die Erinnerung daran weckt Gefühle von Verlassenheit und Wut. Darum ist es ein Ziel moderner Gesellschaft, dass alle Menschen gleichberechtigt und ohne Diskriminierung am gemeinsamen Leben teilhaben können. Inklusion ist das Programmwort.

Das Evangelium dieses Sonntags klingt nicht inklusiv. Von Ausschluss ist sogar ausdrücklich die Rede: Es wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. (Lk 13,28) Warum diese harschen Worte? Wem zeigt Jesus hier die rote Karte?

Jesus meint diejenigen, die seine gute Botschaft gehört haben. Jesus meint uns, die wir mit ihm schon in Berührung gekommen sind und ahnen, dass diese Begegnung entscheidend für unser Leben sein will. Aber das alles liegt schon länger zurück. Umkehr, Glaube und das treu-auf-dem-Weg-Bleiben stehen nicht mehr so vor Augen. Etwas müde und kraftlos ist man geworden. Darum mahnt der Hebräerbrief: macht die erschlafften Hände und die wankenden Knie wieder stark (Hebr 12,12) und sagt Jesus: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen. (Lk 13,24)

Der Wille Gottes ist ganz sicher inklusiv. Allen Menschen möchte er sich schenken. Aber das hängt davon ab, ob wir inklusiv werden, also Gott nicht aus unserem Leben ausschließen, sondern ihn konsequent einschließen.

Geburtstag

Dr. Christoph BenkeÜber die verschiedenen Arten von Geburtstagen, v.a. über den Tauftag als spirituellen Geburtstag und die damit zusammenhängenden Geburtswehen, predigte Dr. Christoph Benke am Fest Mariä Himmelfahrt (15.08.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Wann haben Sie Geburtstag? Und wie feiern Sie Ihren Geburtstag? Hier gibt es unterschiedliche ‚Kulturen‘: Die einen schlicht, die anderen ausführlich mit Familie und Freunden – besonders die „runden“.

Die christliche Überlieferung kennt drei Geburtstage: den biologischen, den spirituellen und den im Tod. Der erste und der letzte haben ein Datum. Das steht auf der Parte. Der geistliche Geburtstag wäre der Tauftag; der hat auch ein Datum. Aber die Taufe führt nicht automatisch zu einer spirituellen Geburt, in einen geistlichen Durchbruch. Der Mensch muss sich die Taufgnade als Geburt aus Gott (Joh 1,13), als Neugeburt von oben (Joh 3,3) aneignen.

Gott gefunden zu haben, ist eine spirituelle Geburt, der Durchbruch zur Gottheit. Davor – aber auch danach – gibt es immer wieder Geburtswehen, bis Christus in euch Gestalt annimmt (Gal 4,19). Das deutet die Lesung an. Sie spricht von Geburtswehen: Die Frau, die am Himmel als großes Zeichen erscheint, ist die Mutter des Messiaskindes. Sie verkörpert das Gottesvolk. Die zwölf Sterne über ihrem Haupt erinnern an die zwölf Stämme Israels. Die Geburtswehen weisen auf die leibliche Geburt des Messiaskindes hin. Darüber hinaus ist jedes Ins-Leben-Finden einem Geburtsvorgang ähnlich.

Die Gottesgeburt im Herzen ist ein innerer Reifungsprozess. Der Mensch begreift mehr und mehr: Ich bin Bild Gottes. Das Volk Gottes versteht immer mehr: Wir sind Tempel Gottes. Solches Begreifen und Gott-Raum-Geben ist mit Schmerzen verbunden, es sind Geburtswehen. Die Enge des menschlichen Herzens muss geweitet werden. Der Blick auf Maria möge uns ermutigen, neues Leben zuzulassen.

Völlig fertig

Dr. Christoph BenkeSo manche Menschen fühlen sich völlig fertig. Was sagt unser Glaube dazu? Wann und wie sind wir als Gläubige völlig fertig. Darüber predigt Dr. Christoph Benke am 19. Sonntag im Jahreskreis (10.08.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Ich bin völlig fertig: Wer das sagt, fühlt sich erschöpft, entkräftet. Eine lange Krankheit, ein anforderndes Schuljahr, ein gärender Konflikt, die Mühsal des Alters. Vielleicht sagt das jemand im Rückblick auf ein ganzes Leben, das nicht auf der Butterseite war.

Wer völlig fertig ist, kann der noch etwas vom Leben erwarten? Darf oder muss sogar, wer völlig fertig ist, noch etwas vom Leben erwarten? Darauf gibt der christliche Glaube eine Antwort, die zugegeben steil und herausfordernd ist: Auch wenn wir uns völlig fertig fühlen oder es sind, das Beste kommt erst noch! Es ist eine Perspektive des Glaubens. Der sagt: Wir leben in Erwartung. Wir warten nicht auf etwas, sondern auf jemand. Wir gehen auf eine Begegnung zu. Wir glauben an das zweite Kommen des Erlösers, auf die Wiederkunft Christi.

Die Herausforderung liegt darin, während eines ganzen und möglicherweise langen Lebens diese Spannung aufrechtzuerhalten. Es geht um ein Wachbleiben: Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! (Lk 12,36-37)

Das Beste kommt also erst noch: Wir gehen auf unsere Vollendung zu. Die Begegnung mit Christus, dem Sohn, lässt uns einmal begreifen, welches Bild Gott-Vater immer schon für uns hatte, wer wir werden und sein sollten. Die Differenz, unser Zurückbleiben, wird uns schmerzen. Aber wir hoffen, dass der Auferstandene dann das ersetzt, was uns noch fehlt. Dann sind wir voll-endet, also völlig fertig – aber im besten Sinn!

Sucht

Dr. Christoph BenkeVon verschiedenen Süchten, die Menschen beherrschen können, sprach Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 18. Sonntag im Jahreskreis (03.08.2025).


Sucht ist eine Krankheit. Die Medizin weiß darüber viel. Die Wissenschaft kennt die Bedingungen, den Verlauf und die Folgen – auch für das Umfeld (Familie, Arbeitsplatz). Viel wird für die Aufklärung getan, sie ist gesetzlich vorgeschrieben. Alkohol-, Drogen-, Nikotin-, Spiel-Sucht – das sind die gängigsten.

Diese Liste ist unvollständig. Das Evangelium ergänzt die Reihe um eine Sucht; um eine, die seit jeher jeden Menschen gefährdet – die Hab-Sucht: Dann sagte Jesus zu den Leuten: Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt. (Lk 12,15) Der Kolosserbrief spricht von der Habsucht, die Götzendienst ist! (Kol 3,5) Die Sucht nach Besitz, das übersteigerte Streben nach Haben, kann sich auf vieles beziehen, nicht nur auf materielle Dinge: auf meinen Erfahrungsschatz, Wissen, Leistung, Können, Erfolg, Anerkennung, immer Rechthaben wollen. Und das Wort Habgier erinnert daran, dass eine Gier nicht zur Ruhe kommen lässt: Sie treibt ständig an. Habgier, Hab-Sucht ist selbstbezogen. Darum ist sie immer rücksichtslos.

Woher kommt sie, die Habsucht? Tief in uns wohnt die Angst, nicht genug zu bekommen. Wir leben in Sorge, nicht zu genügen und den anderen und sich etwas beweisen zu müssen – wodurch auch immer. Das ist das Rechtfertigungsthema, das Paulus so umtreibt. Das Evangelium und die Taufgnade sagen: ‚Es ist gut, dass Du bist. Glaube der Liebe Gottes. Übergib Dein Leben der Fürsorge Gottes. Du wirst Dich zwar weiterhin um Besitz und um Dein Auskommen kümmern müssen – aber ohne Suchtverhalten.‘