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Glauben lernen – hartnäckig bleiben und tätig werden – Predigt

Dr. Hans PockMit den Fragen, wie das mit dem Beten so ist, wie wir einander dabei stützen können und woran wir erkennen, dass es auch in Zukunft noch Glauben geben wird, beschäftigte sich Univ. Prof. Dr. Johann Pock in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 29. Sonntag im Jahreskreis (19.10.2025).


In dieser Feier gibt uns die Heilige Schrift einige Ratschläge für das Leben und das Gelingen eines christlichen Lebens – und vor allem zur Weitergabe des Glaubens.

1) Da ist zunächst die zweite Lesung: Ein Brief, den der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus geschickt hat.

„Du weißt, von wem du es gelernt hast; du kennst von Kindheit an die heiligen Schriften“:  Paulus nennt die Bedeutung, den Glauben möglichst früh weiterzugeben, von Kindheit an. Dabei geht es aber nicht primär darum, selber möglichst fromm zu sein oder in den Himmel zu kommen.

Sondern es heißt weiter: Die Schrift ist nützlich zur Belehrung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit … „damit der Mensch Gottes gerüstet ist, ausgerüstet zu jedem guten Werk.“

Gläubig sein heißt hier: zum guten Werk gerüstet sein. Den Glauben erhalten wir also nicht nur für uns selbst, sondern füreinander. Und Glauben ist nicht das Fürwahrhalten von Wahrheiten – sondern das Tätigwerden im Guten.

2) Die Witwe im Evangelium bietet einen zweiten Zugang zum Glauben.

„Mein Gott, ist die lästig! So was von unverschämt!“ So könnte der Richter im Evangelium gedacht haben. Die Witwe gibt keine Ruhe und lässt sich nicht abwimmeln.

Dieses Gleichnis von dem ungerechten Richter und der nervigen Witwe ist ein eigenartiges Gleichnis. Die Einleitung zu dieser Geschichte lautet ja: Jesus erzählt ein Gleichnis, um zu sagen, dass die Leute allezeit beten sollen.

Damit ist zumindest das Ziel klar: Es geht darum, nicht nachzugeben beim Gebet, auch wenn es ausweglos erscheint. Dass Jesus im Gleichnis gewissermaßen Gott mit dem ungerechten, grantigen Richter vergleicht – das können wir wohl seinem Humor zuschreiben.

 

Unser Beten in Gottes Ohr

Wenn wir uns näher auf das Evangelium einlassen, können wir vielleicht fragen: Wie mag es wohl Gott damit ergehen, wenn er Tag und Nacht die Notschreie unzähliger Menschen hört? Laut Jesus sind sie ihm nicht gleichgültig. Ist er ohnmächtig? Müsste es ihm nicht ein Leichtes sein, Gerechtigkeit zu schaffen?

Was Gott vom Richter im Gleichnis unterscheidet: Er liebt die Menschen und möchte, dass es ihnen gut geht.

Was kann da unser Beten dazu beitragen, dass die Welt besser wird? E

Mit dem Gebet können wir Not, Hilfeschreie, Wünsche und Anliegen ins eigene Bewusstsein und in das anderer Menschen bringen. Dass Gott erst durch unser Beten auf die Notlagen aufmerksam würde, ist wohl zu naiv gedacht – er weiß schon, was wir nötig haben. D.h. nicht Gott hat das Gebet notwendig – sondern wir selbst!

Wir solidarisieren uns mit anderen, wenn wir den Schrei nach Recht und Gerechtigkeit der Menschen vor Gott bringen.

Aber hilft Beten überhaupt? Ist das nicht eine naive und überholte Haltung?

Ich bin fest überzeugt, dass Beten hilft. Jedoch wirkt es nicht wie ein Brief an das Christkind. Zumeist ist wenig bewusst, dass es viele Formen des Betens gibt. Auf unterschiedlichen Wegen kann zur Sprache gebracht werden, was nottut: Rosenkranz, Anbetung, Morgen- und Abendgebete.

Oder auch das Pilgern; das Wallfahren – wo man auf dem Weg nicht nur mit den Blasen an den Füßen beschäftigt ist, sondern wohl auch Zeit hat, über den eigenen Glauben nachzudenken.

Allezeit beten und darin nicht nachlassen

An wen ist der leidenschaftliche Apell Jesu „allezeit zu beten und darin nicht nachzulassen“, denn eigentlich gerichtet? Zunächst an die Jünger. Vermutlich erlagen diese ähnlich wie viele Menschen der Versuchung, sich als schweigende Mehrheit zurückzuziehen, zu resignieren und ohnmächtig abzuwarten. Was kann meine Stimme schon ausrichten?

Schweigende Mehrheiten werden gerne von Menschen, die deren Stimmlosigkeit ausnützen, missbraucht. Es ist not-wendig, dass wir unsere Stimme erheben und kundtun, was unserer Meinung nach Not wenden kann.

Es ist notwendig, auch aufzustehen gegen Ungerechtigkeit: Sei es Ungerechtigkeit gegen Menschengruppen, gegen Minderheiten; oder auch Ungerechtigkeit gegen die Schöpfung.

Von Mose wird erzählt, dass er müde wurde und nicht mehr die Kraft hatte, die Hände im Gebet erhoben zu halten. 2 Männer stützten seine Arme, der eine rechts, der andere links – und damit konnten sie gegen die Feinde bestehen.

Ob nicht auch unsere Caritasleute und die vielen anderen, die sich für die Rechte der Schwachen einsetzen, mehr Unterstützung bräuchten; nicht nur mit Geld, sondern auch durch gutes Reden?

3.) Das Evangelium schließt mit einem nachdenklichen Wort: Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, noch Glauben auf der Erde finden?

Damit ist eine Brücke zur Lesung geschlagen: Glaube entsteht nicht automatisch. Er entwickelt sich. Er braucht auch Übung – mit regelmäßigem Beten; mit regelmäßigem Gottesdienst …

Ist das nicht auch die Frage so mancher Eltern und Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln? Sie erziehen sie im Glauben; sie versuchen, etwas mitzugeben – aber wird es in 10, 20, 50 … Jahren noch Glauben geben?

Und ich muss sagen: Ich bin da optimistisch! Es geht ja nicht um das Glaubenswissen, um das Aufsagen können von Geboten – sondern um den Glauben, der sich in den guten Werken ausdrückt.

„Bleibe bei dem, was du gelernt und wovon du dich überzeugt hast. Du weißt, von wem du es gelernt hast.“ – Dieser Rat von Paulus ist für mich sehr eindrücklich:

  • Zum einen: Mich immer wieder daran zu erinnern, woher mein Glaube kommt; wie er gewachsen ist.
  • Aber auch: Wovon habe ich mich in meinem Leben selbst überzeugt? Welcher Teil des Glaubens ist von einem kindlichen Glauben zu einem erwachsenen Glauben geworden? Er darf sich also auch verändern.
  • Und dann das Wort: „Du weißt, von wem du es erlernt hast“. Also die Wertschätzung gegenüber jenen, die uns eingeführt haben in den Glauben; die Wertschätzung gegenüber den „Ältesten“, wie sie in der Bibel heißen.

Wenn wir mit unserem Gebet und unseren guten Werken nur ein wenig dazu beigetragen haben, dass nächste Generationen gute Menschen geworden sind, dann habe ich keine Sorge, ob Jesus dereinst noch Glauben auf der Erde finden wird.

 

Gefesselt – Predigt

Dr. Christoph BenkeGefesselt können wir von einem Buch, einem Film, einem Gespräch sein. Was aber meint der Apostel Paulus, wenn er sich als gefesselt bezeichnet, und was heißt das für uns? Darüber predigte Dr. Christoph Benke am 23. Sonntag im Jahreskreis in Schönbrunn-Vorpark.


Wann hat Ihnen zuletzt ein guter Kriminalroman eine halbe Nacht gekostet? Wann zuletzt ließ ein Film, ein Gespräch, irgendein Tun die Zeit im Flug vergehen? Das sind glückliche Momente. Wir waren ganz dabei, haben alles andere und sogar uns selbst vergessen, waren gänzlich gefesselt vom Krimi, fasziniert vom Film und seiner Handlung, gefangen vom Gespräch und vom Gegenüber. – Fesseln können also auch glücklich machen – wenn wir „hin und weg“ sind und uns das Staunen packt.

Der Apostel Paulus bezeichnet sich als Gefesselten, Gefangenen (Phlm 1). Das ist kein Wunder, denn er schreibt aus dem Gefängnis. Wegen seiner religiösen Gegner ist er im Kerker. Aber der eigentliche Grund ist Jesus Christus und sein Evangelium. Paulus würde die Fesseln des Evangeliums (Phlm 13) auch dann noch tragen, wenn er frei wäre. Aus Freiheit lässt er sich an Jesus binden. Das ist sein Glück. Er ist bleibend fasziniert von Jesus Christus, denn Jesus hat ihn von der Angst um sich befreit.

Nie und nimmer will er dieses Gebundensein an Christus abstreifen, auch wenn es ihn viel kostet – eben auch die Freiheit. Unermüdlich ist er unterwegs, um Menschen genau dafür zu gewinnen: ‚Habt keine Angst um euch, lasst euch faszinieren, fesseln von Jesus Christus und seiner Liebe.‘

Durch unsere Taufe sind auch wir gebunden an Jesus Christus, tragen auch wir die Fesseln des Evangeliums. Das ist Gabe und Aufgabe. Diese Gabe müssen wir beharrlich und geduldig mit Liebe und Leben füllen. Wenn wir von Jesus nicht mehr fasziniert sind, müssen wir ihn bitten, er möge uns neu faszinieren, binden und fesseln!

Inklusion

Auch wenn das Sonntagsevangelium nicht danach klingt, ist der Wille Gottes für uns Menschen sicher inklusiv. Das legte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 21. Sonntag im Jahreskreis (24.08.2025) dar.


Es gibt Dinge, an die wir uns nicht gerne erinnern. Dazu zählen Situationen, in denen uns ausgeschlossen fühlten – von einer Gemeinschaft, einer Familie, von Kollegen. Wir gehörten nicht dazu. Man ließ uns nicht mitspielen, nicht mitentscheiden, nicht teilhaben. Noch die Erinnerung daran weckt Gefühle von Verlassenheit und Wut. Darum ist es ein Ziel moderner Gesellschaft, dass alle Menschen gleichberechtigt und ohne Diskriminierung am gemeinsamen Leben teilhaben können. Inklusion ist das Programmwort.

Das Evangelium dieses Sonntags klingt nicht inklusiv. Von Ausschluss ist sogar ausdrücklich die Rede: Es wird Heulen und Zähneknirschen sein, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. (Lk 13,28) Warum diese harschen Worte? Wem zeigt Jesus hier die rote Karte?

Jesus meint diejenigen, die seine gute Botschaft gehört haben. Jesus meint uns, die wir mit ihm schon in Berührung gekommen sind und ahnen, dass diese Begegnung entscheidend für unser Leben sein will. Aber das alles liegt schon länger zurück. Umkehr, Glaube und das treu-auf-dem-Weg-Bleiben stehen nicht mehr so vor Augen. Etwas müde und kraftlos ist man geworden. Darum mahnt der Hebräerbrief: macht die erschlafften Hände und die wankenden Knie wieder stark (Hebr 12,12) und sagt Jesus: Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen. (Lk 13,24)

Der Wille Gottes ist ganz sicher inklusiv. Allen Menschen möchte er sich schenken. Aber das hängt davon ab, ob wir inklusiv werden, also Gott nicht aus unserem Leben ausschließen, sondern ihn konsequent einschließen.

Geburtstag

Dr. Christoph BenkeÜber die verschiedenen Arten von Geburtstagen, v.a. über den Tauftag als spirituellen Geburtstag und die damit zusammenhängenden Geburtswehen, predigte Dr. Christoph Benke am Fest Mariä Himmelfahrt (15.08.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Wann haben Sie Geburtstag? Und wie feiern Sie Ihren Geburtstag? Hier gibt es unterschiedliche ‚Kulturen‘: Die einen schlicht, die anderen ausführlich mit Familie und Freunden – besonders die „runden“.

Die christliche Überlieferung kennt drei Geburtstage: den biologischen, den spirituellen und den im Tod. Der erste und der letzte haben ein Datum. Das steht auf der Parte. Der geistliche Geburtstag wäre der Tauftag; der hat auch ein Datum. Aber die Taufe führt nicht automatisch zu einer spirituellen Geburt, in einen geistlichen Durchbruch. Der Mensch muss sich die Taufgnade als Geburt aus Gott (Joh 1,13), als Neugeburt von oben (Joh 3,3) aneignen.

Gott gefunden zu haben, ist eine spirituelle Geburt, der Durchbruch zur Gottheit. Davor – aber auch danach – gibt es immer wieder Geburtswehen, bis Christus in euch Gestalt annimmt (Gal 4,19). Das deutet die Lesung an. Sie spricht von Geburtswehen: Die Frau, die am Himmel als großes Zeichen erscheint, ist die Mutter des Messiaskindes. Sie verkörpert das Gottesvolk. Die zwölf Sterne über ihrem Haupt erinnern an die zwölf Stämme Israels. Die Geburtswehen weisen auf die leibliche Geburt des Messiaskindes hin. Darüber hinaus ist jedes Ins-Leben-Finden einem Geburtsvorgang ähnlich.

Die Gottesgeburt im Herzen ist ein innerer Reifungsprozess. Der Mensch begreift mehr und mehr: Ich bin Bild Gottes. Das Volk Gottes versteht immer mehr: Wir sind Tempel Gottes. Solches Begreifen und Gott-Raum-Geben ist mit Schmerzen verbunden, es sind Geburtswehen. Die Enge des menschlichen Herzens muss geweitet werden. Der Blick auf Maria möge uns ermutigen, neues Leben zuzulassen.

Völlig fertig

Dr. Christoph BenkeSo manche Menschen fühlen sich völlig fertig. Was sagt unser Glaube dazu? Wann und wie sind wir als Gläubige völlig fertig. Darüber predigt Dr. Christoph Benke am 19. Sonntag im Jahreskreis (10.08.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Ich bin völlig fertig: Wer das sagt, fühlt sich erschöpft, entkräftet. Eine lange Krankheit, ein anforderndes Schuljahr, ein gärender Konflikt, die Mühsal des Alters. Vielleicht sagt das jemand im Rückblick auf ein ganzes Leben, das nicht auf der Butterseite war.

Wer völlig fertig ist, kann der noch etwas vom Leben erwarten? Darf oder muss sogar, wer völlig fertig ist, noch etwas vom Leben erwarten? Darauf gibt der christliche Glaube eine Antwort, die zugegeben steil und herausfordernd ist: Auch wenn wir uns völlig fertig fühlen oder es sind, das Beste kommt erst noch! Es ist eine Perspektive des Glaubens. Der sagt: Wir leben in Erwartung. Wir warten nicht auf etwas, sondern auf jemand. Wir gehen auf eine Begegnung zu. Wir glauben an das zweite Kommen des Erlösers, auf die Wiederkunft Christi.

Die Herausforderung liegt darin, während eines ganzen und möglicherweise langen Lebens diese Spannung aufrechtzuerhalten. Es geht um ein Wachbleiben: Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft! Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! (Lk 12,36-37)

Das Beste kommt also erst noch: Wir gehen auf unsere Vollendung zu. Die Begegnung mit Christus, dem Sohn, lässt uns einmal begreifen, welches Bild Gott-Vater immer schon für uns hatte, wer wir werden und sein sollten. Die Differenz, unser Zurückbleiben, wird uns schmerzen. Aber wir hoffen, dass der Auferstandene dann das ersetzt, was uns noch fehlt. Dann sind wir voll-endet, also völlig fertig – aber im besten Sinn!

Sucht

Dr. Christoph BenkeVon verschiedenen Süchten, die Menschen beherrschen können, sprach Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 18. Sonntag im Jahreskreis (03.08.2025).


Sucht ist eine Krankheit. Die Medizin weiß darüber viel. Die Wissenschaft kennt die Bedingungen, den Verlauf und die Folgen – auch für das Umfeld (Familie, Arbeitsplatz). Viel wird für die Aufklärung getan, sie ist gesetzlich vorgeschrieben. Alkohol-, Drogen-, Nikotin-, Spiel-Sucht – das sind die gängigsten.

Diese Liste ist unvollständig. Das Evangelium ergänzt die Reihe um eine Sucht; um eine, die seit jeher jeden Menschen gefährdet – die Hab-Sucht: Dann sagte Jesus zu den Leuten: Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt. (Lk 12,15) Der Kolosserbrief spricht von der Habsucht, die Götzendienst ist! (Kol 3,5) Die Sucht nach Besitz, das übersteigerte Streben nach Haben, kann sich auf vieles beziehen, nicht nur auf materielle Dinge: auf meinen Erfahrungsschatz, Wissen, Leistung, Können, Erfolg, Anerkennung, immer Rechthaben wollen. Und das Wort Habgier erinnert daran, dass eine Gier nicht zur Ruhe kommen lässt: Sie treibt ständig an. Habgier, Hab-Sucht ist selbstbezogen. Darum ist sie immer rücksichtslos.

Woher kommt sie, die Habsucht? Tief in uns wohnt die Angst, nicht genug zu bekommen. Wir leben in Sorge, nicht zu genügen und den anderen und sich etwas beweisen zu müssen – wodurch auch immer. Das ist das Rechtfertigungsthema, das Paulus so umtreibt. Das Evangelium und die Taufgnade sagen: ‚Es ist gut, dass Du bist. Glaube der Liebe Gottes. Übergib Dein Leben der Fürsorge Gottes. Du wirst Dich zwar weiterhin um Besitz und um Dein Auskommen kümmern müssen – aber ohne Suchtverhalten.‘

Noch Fragen?

Dr. Christoph BenkeWie steht es um die Fragen, die wir stellen.  Dürfen wir sie stellen oder sind sie unerwünscht? Darauf ging Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in Schönbrunn-Vorpark am 15. Sonntag im Jahreskreis (13.07.2025) – ausgehend von einer Frage eines Gesetzeslehrers an Jesus – ein.


Sie nehmen an einer Fortbildung teil. Die Beendigung eines Kapitels lässt den Referenten fragen: Haben Sie noch Fragen? oder noch knapper: Noch Fragen? Je nach Tonlage kann das ernst gemeint sein. Oder ein ziemlich deutlicher Hinweis, dass weitere Fragen unerwünscht sind.

Aus der Sicht des Evangeliums sind Fragen erwünscht. Sie spielen im Evangelium eine bedeutende Rolle. Es gibt Fragen, die Jesus an seine Jünger stellt. Umgekehrt wird auch Jesus gefragt. So im Evangelium dieses Sonntags: Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? (Lk 10,25) Es ist also die Frage nach dem ewigen Leben. Wie geht das, bei Gott einmal ankommen und endgültige Heimat finden? Wie und wo ist das zu finden, was ‚die Welt im Innersten zusammenhält‘, die Rechtfertigung, das Glück, der Sinn, die Tiefe, die Fülle, das Leben schlechthin? Wo und wie bekomme ich endgültig zu hören: ‚Es ist gut!‘? Wo und wer ist Gott und wie ist er zu finden?

Nehmen wir von dieser Stelle zwei Anregungen mit. Die eine: Ist diese Frage in uns noch lebendig? Treibt sie uns an? Es gibt ja auch eine unfruchtbare Selbstzufriedenheit oder einen Panzer, den man sich zugelegt hat. Wo keine Frage ist, ist auch keine Antwort des Heiligen Geistes.

Die zweite Anregung: Die Antwort Jesu ist schlicht und eindeutig – Gottesliebe und Nächstenliebe. Bereits die Frage des Gesetzeslehrers geht davon aus, dass es um ein Tun geht. Jedenfalls hat die Antwort auf die Frage aller Fragen mit Liebe zu tun. Die Antwort ist handfest-konkret.

Noch Fragen? – Ja, hoffentlich!

Hiobsbotschaften und der Trost Gottes

Dr. Christoph BenkeVielfältige Hiobsbotschaften quälen uns, quälten aber auch schon die Menschen in der Bibel. Woher kommt uns Trost in dieser Situation? Darüber predigte Dr. Christoph Benke am 14. Sonntag im Jahreskreis (06.07.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Die jüngere Vergangenheit fordert uns extrem heraus. Die Liste ist lang: Pandemie, Energiekrise, das Klima und das kippende ökologische Gleichgewicht, der Ukrainekrieg, der Überfall auf Israel, Gaza, Krieg Israel-Iran: eine Hiobsbotschaft nach der anderen, schwer erträgliche Bilder. Dazu kommen noch die persönlichen oder familiären Hiobsbotschaften. Die Zuversicht ins Leben nicht verlieren – aber wie? Gibt es irgendwo Trost? Wer tröstet – im Angesicht des Schreckens?

Der Prophet Jesaja spricht in einer für das Gottesvolk Israel schwierigen Zeit. Eindringlich erinnert er an die Verheißungen seines Gottes, die da lauten: Es gibt Hoffnung und es gibt Trost. Gegen allen Augenschein kommt es darauf an, unbedingt daran festzuhalten: Der Trost Gottes kommt, er kommt wie ein rauschender Bach (V 12). Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch (V 13).

Paulus erinnert uns: Der Trost Gottes ist leibhaft erschienen – Jesus Christus ist der Trost Gottes. Und hier kommt das Kreuz ins Spiel. Das Kreuz ist der Weg, wie dieser Trost Gottes zu uns kommt. Das ist für uns schwer verständlich: gänzlich unharmonisch. Es geht gegen unser natürliches Empfinden. Über das Kreuz kommt der Trost Gottes, die neue Schöpfung, das Reich Gottes.

So sind wir herausgefordert, je neu an die Ansage Jesu zu glauben: Das Reich Gottes ist nahe. Darin besteht der Trost Gottes, gerade in schwierigen Zeiten. Unsere Sendung besteht darin, daraus zu leben und Menschen in unserem Umfeld zu trösten und zu stärken.

Christentum meint Einheit – aber in lebendiger Verschiedenheit

Dr. Hans PockÜber den sozialen Sprengstoff, der in den Anfängen der christlichen Botschaft liegt, und das, was heute daraus folgt im Zusammenhang mit der Aufforderung zum Einssein, predigt Dr. Johann Pock am 12. Sonntag im Jahreskreis (22.06.2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Paulus war ein Revolutionär! Was er seinen Mitmenschen zumutete, war für manche damals ungeheuerlich. Und der eine Vers in seinem Brief an die Galater, den wir gehört haben, birgt auch heute noch Zündstoff – und es passt auch sehr gut zum gerade begangenen „Weltflüchtlingstag“ am 20. Juni:

Gal 3,28 „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid „einer“ in Christus Jesus“.

Und Paulus sagt das nicht als Wunsch an die Zukunft; oder als Absichtserklärung – sondern als Tatsache, wenn man an Christus glaubt.

In den damaligen Ohren war das undenkbar: Juden und Heiden sollten eins sein? Mann und Frau auf gleicher Stufe? Sklaven und Freie in einem Atemzug genannt? Manche damals werden sich gedacht haben: Das wäre ja noch schöner, wenn das so wäre; dann bricht die Gesellschaft zusammen, wenn es nicht mehr Herren und Sklaven gibt; oder wenn Frauen in öffentlichen Versammlungen reden. Und solche Texte finden wir als Widerhall der damaligen Gesellschaft auch in der ganzen Bibel.

Die christliche Botschaft hatte von Anfang an jedenfalls sozialen Sprengstoff in sich: Jesus wendet sich gegen die Überordnung von Herren und Dienern. „Wer der erste sein will, soll der Diener aller sein“. Wer vorangehen will, der soll den Seinen auch die Füße waschen – d.h. sich nicht zu schade sein, auch die einfachen Arbeiten zu verrichten.

Ein neues Verhältnis von Mann und Frau – auf Augenhöhe

Aber auch im Blick auf das Verhältnis von Mann und Frau war das Christentum damals fortschrittlich – so sehr, dass manche sich davor fürchteten, als radikale Sekte gesellschaftlich abgelehnt zu werden.

Heute denkt man bei römisch-katholischer Kirche eher daran, was Frauen bzw. was Laien alles nicht dürfen; oder noch nicht dürfen. Doch in der damaligen Zeit hat Jesus hier Grenzen überschritten: Frauen waren in seinem Gefolge. Es gab zur Zeit des Apostels Paulus auch Frauen als Apostel. Die ersten Zeuginnen der Auferstehung waren die drei Frauen am Grab. … Also eine Fülle von Beispielen, die zeigen, dass in den Ursprüngen der Christenheit nicht mehr zählte „Mann oder Frau“, sondern: Zeuge für Christus oder nicht.

Offenheit für andere Religionen und andere Kulturen

Und auch im Blick auf die religiöse Herkunft werden Grenzen überschritten: Nicht mehr Juden und Griechen. Das Christentum überschreitet die Grenzen seiner Herkunft, des jüdischen Glaubens – und tritt in Dialog mit den Griechen, also mit Heiden. Es werden nun auch Menschen getauft, ohne zuvor jüdisch werden zu müssen.

Es erinnert auch an die Texte von Pfingsten: Durch den Heiligen Geist kommt ein Verständnis zustande über alle Sprachen und Nationen hinweg.

Einssein in Christus

Und das wichtigste Wort für Paulus lautet dabei: „Sie alle sind einer in Christus“ – und zwar durch die Taufe. Wer getauft ist, unterscheidet nicht mehr zwischen sozialen Herkünften oder religiösen Ausrichtungen. Paulus versucht den Blick nicht auf das Trennende zu richten, sondern auf das, was verbindet.

Im Johannesevangelium ist viel die Rede von diesem „Eins-Sein“. Und häufig wird damit jegliche andere Meinung, jegliches Abweichen von offiziellen Lehrmeinungen verurteilt. Dabei geht es meines Erachtens genau um das Gegenteil: Mit all unseren Unterschieden; mit unseren verschiedenen Einstellungen und Erfahrungen, sind wir als Getaufte trotzdem eins. Wir sind eins – egal ob Mann oder Frau, Kind oder Erwachsener, jung oder älter, egal ob Arbeiter, Angestellter, Selbständiger, Lehrer oder Schüler …: Vor Christus sind wir eins – und dürfen trotzdem wir selbst bleiben mit unseren Unterschieden.

Einssein – das bedeutet eben nicht ein Aufheben der Unterschiede; ein Nivellieren; das wäre dann doch ziemlich fad. Sondern es bedeutet, dass die Unterschiede nicht trennend sein müssen, dass Vielfalt die Einheit nicht bedroht.

Und es ist dies eine Einheit, die uns verbindet mit den Urahnen – und Paulus nennt da z.B. Abraham und seine Nachkommen. Als Christinnen und Christen sind wir eins mit ihnen – und das heißt wohl auch: wir sind genauso Nachkommen Abrahams wie das jüdische Volk oder die Muslime.

Und wir sind eins mit den Menschen, die noch kommen werden. Gerade in der Messe schwingen wir im Gebet ein in diese Tradition vor uns und nach uns; wir hören Texte aus der Geschichte – und wir bitten für unsere Zukunft.

Wenn heute mit dem Christentum oft eher die Gebote und Verbote verbunden werden; oder die Macht, die sich an den Gebäuden und Strukturen zeigt – dann tut es gut, an diese Ursprünge zu erinnern: All das Äußere steht im Dienst dieses Jesus und seiner frohen Botschaft.

Feiern wir diese Einheit in der Verschiedenheit – und tun wir alles dafür, dass Unterschiede als Reichtum, nicht als Bedrohung wahrgenommen werden.

Sich einverleiben

Dr. Christoph BenkeWas der Unterschied davon ist, wenn sich Putin die Krim einverleibt, wir Nahrung zu uns nehmen und wenn wir uns Jesus in der Kommunion einverleiben und was daraus folgt, darüber predigte Dr. Christoph Benke zu Fronleichnam (19. Juni 2025) in Schönbrunn-Vorpark.


Sich Einverleiben: Putin hat sich die Krim einverleibt und will das auch mit anderen Gebieten der Ukraine machen. Trump will sich Grönland einverleiben. Dieses Einverleiben hat einen aggressiven Unterton von ‚sich etwas unter den Nagel reißen‘.

Einverleibung geschieht aber ganz alltäglich, mehrmals: Wir essen, nehmen Nahrung zu uns. Da passiert Einverleibung, ganz wörtlich: Nahrung geht in uns ein, wird umgewandelt, Magen und Verdauungstrakt holen die Nährstoffe heraus, die der Organismus braucht.

Wir feiern das Fronleichnamsfest. Wie in jeder heiligen Messe steht da ein besonderes Essen und Trinken im Mittelpunkt. Essen, also etwas Alltägliches, wird da zu etwas Besonderem: Wir sind eingeladen, uns Jesus einzuverleiben. Wir dürfen eine innige Verbindung mit der Person eingehen, die von sich sagt: Das ist mein Leib; Das ist mein Blut. Jesus sagt von diesem Brot und von diesem Wein: Das bin ich – für euch. Unter den Gestalten von Brot und Wein schenkt uns Jesus sich selbst: seine erlösende Liebe, seine Hingabe bis zum Tod, sein unzerstörbares österliches, verherrlichtes Leben.

Das Besondere am Einverleiben des Brotes, das Jesus ist, besteht darin: Es will alle erreichen. Und alle aßen und wurden satt, heißt es im Evangelium. Und weiter: Dieses kleine Stückchen Brot, dieser kleine Schluck Wein ist gar nicht so leicht verdaulich, wie zu vermuten ist. Bedenken wir: Wir verleiben uns die Hingabe Jesu ein! Das verpflichtet uns zu einem Leben für andere. Tut dies zu meinem Gedächtnis, heißt also: Die Liebe, die Christus uns erwiesen hat, haben wir der Welt weiterzugeben.

Wo wir bereit sind, Brot für andere zu sein, verehren wir die heilige Eucharistie.