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Überfordert – und dann?

Dr. Christoph BenkeWenn man engagiert ist, sieht man immer mehr, was noch zu tun wäre. Wie hat Ijob darauf reagiert und wie Jesus? Was können wir daraus lernen? Damit setzte sich Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 5. Sonntag im Jahreskreis (04.02.2024) in der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark auseinander.


Nehmen wir den Idealfall: Jemand geht mit Interesse an eine Aufgabe heran. Die Person taucht engagiert in ein Arbeitsgebiet ein, bringt sich ein. Sie hat die seltene Fähigkeit, den Überblick zu bewahren. Ihre Umsicht wächst. Sie sieht immer mehr, was noch zu tun wäre, was unerledigt ist. ‚Da fehlt’s und da fehlt’s noch mehr‘ etc. – mit Auswirkung auf das Lebensgefühl.

Ähnlich geht es vielen, die sich für Mitmenschen, für die Minderung von Leid einsetzen: Sie sehen all das Leid und fühlen sich überfordert. Oft bleiben sie unbedankt und kommen sich vor wie ein Tagelöhner, der auf seinen Lohn wartet (Ijob 1,2). Die Klage Ijobs hat andere Ursache, passt aber auch hier: Monde voll Enttäuschung, Nächte voller Mühsal (V 3), so fasst er zusammen. Irgendwann ist man völlig vereinnahmt und dann erschöpft.

Hier wäre der Blick auf Jesus wichtig. Er steht vor einer ähnlichen Situation: Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus (Mk 1,32). Jesus heilt – viele, aber nicht alle. Er zieht sich zurück zum Gebet. Auch dort sucht man ihn. Und Jesus antwortet: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen (V 38). Jesus setzt Zeichen für das Reich Gottes. Er erfüllt nicht alle Erwartungen. Damit erinnert er uns: Gott ist letztverantwortlich, nicht der Mensch. Wer sich für alles und das Ganze verantwortlich weiß, überschätzt sich. Das hat etwas mit Hochmut zu tun.

Unser Tagesgebet bleibt am Boden: Gott, unser Vater, wir sind dein Eigentum und setzen unsere Hoffnung allein auf deine Gnade. Stimmen wir in dieses Gebet ein. Das wäre realistisch und gläubig zugleich.

Privilegiert

Dr. Christoph BenkeJesus hört bei seiner Taufe: ‚Du bist mein geliebter Sohn.‘  Er behält das nicht als Vorrecht, sondern nimmt uns mit in diese Zusage hinein. Dr. Christoph Benke hat in seiner Predigt am Fest der Taufe Jesu der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark diese Zusage für das Leben mitgegeben.


Ein Privileg ist ein Vorrecht. Ist jemand privilegiert, so genießt er ein Sonderrecht, einen Vorteil. Der Lenker eines städtischen Autobusses ist privilegiert: Er hat häufig eine eigene, auf der Fahrbahn gekennzeichnete, Spur. Dort darf nur er fahren, sonst niemand. Privilegien werden oft kritisch gesehen. Im Sinne der Gleichberechtigung aller Menschen erweckt ein Vorrecht den Verdacht, andere zu benachteiligen.

Eben hörten wir, wie Jesus im Jordan getauft wird: Der Himmel reißt auf, der Geist Gottes kommt auf Jesus herab, und die göttliche Stimme: Du bist mein geliebter Sohn, an Dir habe ich Wohlgefallen gefunden. Das steht beinahe am Anfang des Markusevangeliums. Der Evangelist setzt damit gleich einen Markstein: Jesus ist einzigartig. Er trägt den Geist Gottes in sich, er ist der vom Vater geliebte Sohn Gottes. Er ist, wenn man so will, herausgehoben und privilegiert.

Aber – und das ist der Punkt! – Jesus ist kein „Privilegienritter“, der ein Vorrecht für sich behält und nur zu seinem Vorteil ausnutzt. Im Gegenteil: Er lässt andere – uns! – teilhaben, an seiner Herkunft, an seinem Wesen. Seine Sendung ist es, uns zu privilegieren, uns mitzunehmen. Jesus, der Gottmensch, kommt vom Vater, geht wieder zum göttlichen Ursprung und er nimmt uns dorthin mit.

Wir sind durch Glaube und Taufe hineingenommen in die göttliche Dreifaltigkeit. Jesus ist unser Bruder. Wir stehen neben und mit ihm vor dem Vater, umgeben von einer liebevollen Energie, die ebenfalls ein Antlitz trägt, das ist der Heilige Geist. Wir sind Hausgenossen Gottes (Eph 2,19). Hören wir jeden Tag neu dieses Segenswort über unser Leben: Du bist mein geliebter Sohn, Du bist meine geliebte Tochter, an Dir habe ich Wohlgefallen gefunden.

Christoph Benke

Heruntergekommen

Dr. Christoph Benke‚Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.‘ Mit diesem Kernsatz des Weihnachtsevangeliums hat sich Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am Weihnachtstag (25.12.2023) in der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark in einer etwas anderen Art und Weise auseinandergesetzt.


Völlig heruntergekommen ist ein Haus, das längst einer Renovierung bedarf. Die Farbe blättert ab, die Fenster sind undicht, Dachziegel fehlen. Heruntergekommen ist eine Firma, die einen Chef, aber keine Führung hat, die vor der Insolvenz steht, ihre Mitarbeiter schlecht behandelt. Heruntergekommen ist ein Mensch – ja, wann eigentlich? Ungepflegtes Äußeres, zerrissene Hose, strenger Geruch? Oder ist ein Mensch dann heruntergekommen, wenn er oder sie Mitmenschen brutal unterdrückt und ausbeutet – in Sakko und Krawatte?

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt – das ist der Kernsatz des heutigen Weihnachtsevangeliums. Gott ist abgestiegen aus dem Himmel und heruntergekommen. Er kann nicht anders: Es zieht ihn nach unten. Unten, dort ist sein Ort.

Christen glauben an einen im wahren und übertragenen Sinn heruntergekommenen Gott. Er ist hinabgestiegen, indem er Mensch wurde; indem er zum kleinen Kind wurde; heruntergekommen, weil er arm, verlassen, verstoßen, verfolgt und hingerichtet wurde. Das Kind in der Krippe verleitet zu idyllischen Vorstellungen. Doch in oder an der Krippe ist bereits das Zeichen des Kreuzes zu sehen.

Daraus folgt etwas Umwerfendes: Weil der Gottessohn den letzten, untersten Platz einnimmt, kann er auch alles, buchstäblich alles in der Welt umgreifen: Hohes und Niedriges, Großes und Kleines, Gelungenes und Misslungenes, Gutes und Böses, Leben und Tod. Alles! Ganz besonders umfängt er damit auch das Hässliche, Abstoßende, Kaputte – das, was völlig heruntergekommen ist. Alles ist von ihm erreicht.

Das ist die große Hoffnung, die von Weihnachten herkommt: Jedem ist Gott unendlich nahe. Keinem ist er fern. Gott ist mit uns, ohne jeden, auch noch so kleinen Vorbehalt. Er ist ganz und gar zu uns heruntergekommen.

Christoph Benke

Entwaffnung

Dr. Christoph BenkeGewalt, Aufrüstung auf der einen und ein Kind als Fürst des Friedens auf der anderen Seite. Was hat das gerade zu Weihnachten mit mir als Christin, als Christ zu tun? Damit setzte sich Dr. Christoph Benke in seiner Predigt in der Heiligen Nacht (24.12.2023) in der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark auseinander.


 „Herr, entwaffne sie, entwaffne uns, entwaffne mich!“ – das betete der Prior eines Klosters in Algerien in den 1990er-Jahren. Das Kloster wurde mehrfach von Terroristen aufgesucht und schließlich überfallen. Ein Stoßgebet: „Herr, entwaffne sie, entwaffne uns, entwaffne mich!“

Seit zwei Jahren ist Krieg. Krieg gab es all die Jahre immer, aber nicht so nahe. Unser Land ist nicht unmittelbar involviert, und doch: In den Medien sehen wir Krieg, nach dem 7. Oktober noch mehr davon.

Die Verteidigungsbudgets gehen in die Höhe, auch in Österreich. Wer jetzt für Abrüstung und Entwaffnung wirbt, wird belächelt. Die Devise lautet: Es gibt das Böse, und man muss ihm Widerstand leisten, notfalls mit Gewalt.

Vielleicht kann das fallweise sein: Gewalt gegen die Gewalt, damit die Bosheit am schlimmsten gehindert wird. Das ändert aber nichts am Lauf der Dinge. Der Kreislauf geht weiter, endlos: Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt erzeugt Gewalt … der Gedanke der Gewalt als Hilfsmittel ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, gültig für viele Lebensbereiche.

Doch eigenartig: Zugleich lässt uns der Wunsch nicht los, dass das Getrampel von Militärstiefeln einmal nicht mehr zu hören wäre, dass es einmal keine Fotos von blutigen Uniformen mehr gäbe. Immerhin, es gibt diesen Gedanken. Er ist uralt. Der Prophet Jesaja formuliert ihn: Jeder Stiefel, der dröhnend daher stampft, jeder Mantel, im Blut gewälzt, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers. Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. […] Man rief seinen Namen aus: […] Fürst des Friedens. (Jes 9,4-5)

Der Prophet unterbricht diese zwanghafte Gedankenkette. Er sagt: Es könnte einen Zustand geben, in dem Gewalt nicht mehr das schnelle Mittel ist. Es muss also nicht immer so bleiben. Warum? Die Ursache ist ein Kind. Ein Kind! Welch Kontrast: ein Kind als Anlass für Abrüstung, als Grund für Entwaffnung!

Wir feiern die Geburt dieses Kindes. In diesem Kind erkennen wir Christen den Fürst des Friedens. Wir glauben, dass sich Gott in diesem Kind eine Blöße gegeben hat. Gott zeigt sich gänzlich offen, wehrlos und angreifbar. Diese Linie wird er durchhalten, während seines ganzen Lebens, bis hin zum Kreuz.

Sollten wir im Blick auf dieses Kind nicht alles militärische Gehabe niederlegen? Gewiss: Wir tragen keine Waffen – nach außen hin. Und doch stehen wir in so manchen kriegsähnlichen Auseinandersetzungen: Streit, Zwist, Rivalität, Recht haben wollen um jeden Preis, sich schadlos halten … wir üben nicht die Blutrache, aber nicht selten eine in Gedanken. Soll es anders werden, brauchen wir alle Entwaffnung: „Herr, entwaffne sie, entwaffne uns, entwaffne mich“.

Gut, dass wir Jesaja haben. Gut, dass wir Weihnachten feiern. Gäbe es Jesaja und das Christuskind nicht, wären wir uns selber ausgeliefert. Gut, dass wir das kleine, wehrlose, göttliche Kind feiern, das, wer weiß, vielleicht tatsächlich uns so lieb anlächelt, dass wir alle Waffen strecken.

Christoph Benke

Auch du bist angesprochen

Dr. Christoph BenkeWie Maria vom Engel, so sind auch wir von Gott angesprochen und gemeint. Das führte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 4. Adventsonntag (24.12.2023) in der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark aus.


Haben Sie schon einmal versucht, jemanden für ein gutes Vorhaben zu gewinnen? Sie werden damit unterschiedliche Reaktionen auslösen. Der eine will nicht gestört werden und zeigt das auch. Die andere hatte immer schon den Wunsch, sich zu beteiligen, hat es sich aber nicht zugetraut. Die dritte Person ist irritiert: „Warum gerade ich?“, und erschrickt.

Angesprochen werden – das ist so wie ins Leben rufen. Wird ein Kind von seinen Eltern nicht angeredet, lernt es nicht sprechen (wie Kaspar Hauser). Wer über längere Zeit ignoriert wird, zieht sich zurück, geht in die Isolation.

Von Maria heißt es im Evangelium: Sie erschrak über die Anrede des Engels (Lk 1,29). Was war das für ein Erschrecken? Woher kam es? Vielleicht hatte es zwei Ursachen. Die eine: Wie soll man nicht erschaudern, wenn da auf einmal ein Engel ist? Ein gänzlich ungewohntes Phänomen, von dem unklar ist, wie es einzuordnen ist? Es ist zwar die Rede von einem Gruß und einer Zusage, aber das alles kommt sehr plötzlich.

Die zweite Ursache: In einer wichtigen Sache persönlich gemeint zu sein, bereitet wohl immer Herzklopfen – erst recht, wenn der Heilige Geist im Spiel ist (wie sich später zeigt). Die Anrede bedeutet: Ich bin von Gott gemeint! Das macht Erschrecken.

Maria ist ein Ur-Bild. Sie steht für den glaubenden Menschen. Wie Maria dürfen wir uns sagen: Ich bin von Gott gemeint! Gott meint mich, er ruft mich beim Namen. Er will mich brauchen. Und weiter: Wie Maria bin ich erwählt, dem Wort Gottes eine Wohnung zu bereiten und den Mitmenschen Jesus zu geben. Wie soll man vor diesem großen Projekt nicht erschrecken und zittern – aber auch zittern vor Freude!

Christoph Benke

Seid wachsam

Dr. Christoph BenkeHat uns der Kreislauf des Jahres, der Jahreszeiten eingeschläfert oder sehen wir das Ziel, die Erfüllung und Vollendung der Geschichte? Das waren die Fragen, die Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 1. Adventsonntag (03.12.2023) der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark stellte.


Der Tag, die Woche, der Monat, das Jahr – eingebettet in Winter, Frühjahr, Sommer, Herbst. Wir leben und planen in diesen Zeiteinheiten. Die uns geschenkte Zeit nehmen wir unterschiedlich wahr: manchmal sehr dicht und intensiv (ein wichtiges Ereignis betrifft uns, eine Begegnung wirkt nach), dann wieder ohne nennenswerten Tiefgang. Wir sprechen vom Kreislauf eines Jahres, vom Jahreskreis. So sind wir es gewohnt. Hat sich vielleicht dieses Bild in uns so verfestigt, dass wir meinen, es geht immer so weiter – nicht nur mit uns, sondern auch mit der ganzen Welt und ihrer Geschichte? Trotz aller Krisen ‚geht es schon irgendwie weiter‘ …

Schon die Evangelien der vergangenen Sonntage wie auch dieses ersten Adventsonntags rütteln an diesem Bild. Sie rücken es zurecht. Da ist die Rede von einem Einbruch Gottes in die Zeit. Das Kommen des Herrn hat seine Vorzeichen: Naturkatastrophen, Kriege, Abfall vom Glauben (vgl. Jes). Diese Vorzeichen sind heute erfüllt. Sie traten auch in der Vergangenheit immer wieder auf. Christlicher Glaube deutet sie als Hinweis auf das Ende. Das ist nicht Angstmache, im Gegenteil. Diese – zunächst durchaus verstörende Rede – erinnert: Gott hat in der Vergangenheit rettend gewirkt. Er wird dies deshalb auch jetzt und in Zukunft tun können. Die Geschichte läuft nicht auf ein Fiasko zu, ihr Fluchtpunkt hat einen Namen und ein Gesicht: Jesus Christus. Er ist das Omega, das Ziel und die Erfüllung und Vollendung der Geschichte. Er wird kommen zu richten die Lebenden und die Toten. Es ist nicht egal, wie wir leben. Wir müssen mit Fragen rechnen. Wir werden erwartet. Wann das sein wird, wissen wir nicht. Deshalb ist uns gesagt: Lasst euch nicht einschläfern vom Rhythmus der Zeit-Abläufe, sondern Seid wachsam! (Mk 13,35).

Christoph Benke

Gott hat dir etwas anvertraut. Mach was draus!

Dr. Christoph BenkeWas machen wir aus dem uns von Gott Anvertrauten? Das war die Frage, die Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 33. Sonntag im Jahreskreis der Gemeinde in Schönbrunn-Vorpark stellte.


Jeder Beruf hat seine Begriffe. So spricht auch die Finanzwelt ihre eigene Sprache. Dort gibt es etwa die Anleger: Menschen, die Geld zur Verfügung haben. Sie möchten das Kapital einsetzen und so vermehren. Dabei gibt es ein höheres und ein geringeres Anlegerrisiko. Das Geldinstitut ist verpflichtet, darüber zu informieren. Welcher Anleger-Typ sind Sie? Risikofreudig? Oder eher vorsichtig-abwartend – „konservativ“?

Im Evangelium dieses Sonntags gibt es zwei Typen. Der eine erkennt die Verantwortung. Es wird ihm ein Vermögen anvertraut. Er sieht die Chance und wagt etwas. Zu diesem Typ zählen die beiden Diener, die jeweils etwas dazugewonnen haben.

Der andere Typ ist der dritte Diener. Er vergräbt, dass ihm anvertraute Geld. Was mag ihn dazu bewogen haben? War er allzu vorsichtig? Wollte er das Anlegerrisiko erst gar nicht aushalten? War er einfach faul? Später rechtfertigt er sich, er hätte aus Angst so gehandelt (Mt 25,25). Vielleicht hat er nicht begriffen, was jetzt von ihm gefordert ist und was ihm keiner abnehmen kann: ein Schritt in die Verantwortung, ein Schritt ins Leben.

Dabei hätte es ihm geholfen, das Kapital, die Talente genauer anzuschauen. Denn der Mann, der auf Reisen geht, ist Gott selbst. Das Silbergeld ist das Angebot, das Gott uns macht: Jesus Christus und seine Botschaft. Das ist die Gabe, uns anvertraut. Die Abrechnung samt Belohnung und Bestrafung bezieht sich dann darauf, ob und wie sich jemand Jesus Christus öffnet oder verweigert.

Damit ist auch gesagt: ‚Ja, es gibt ein Anlegerrisiko. Du bist gefordert, bring Dich ins Spiel! Mach mit Deinem Christsein ernst. Und wenn Du Dir eine Ausrede überlegst, dann lass Dir eine bessere einfallen als die aus Angst. Gott setzt auf Dich. Er hat Dir etwas anvertraut, mach was draus!‘

Christoph Benke

Lebende und tote Heilige

Dr. Christoph BenkeGemeinsamer Bezugspunkt der Lebenden und der Toten bleibt Christus. Er bleibt der Mittelpunkt der Welt, für die Lebenden und die Toten, für die Heiligen hier und dort.

Das stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am Fest Allerheiligen in Schönbrunn-Vorpark in seiner Predigt am Beispiel einer besonderen Kirche dar.


In der Abteikirche eines Benediktinerklosters in Nordrhein-Westfalen ist das Chorgestühl ungewöhnlich angeordnet: Die Mönche bilden während des Betens einen Halbkreis. In der Mitte steht der Tabernakel. Er ist in der Kirchenmauer. Die andere Hälfte, der zweite Halbkreis, ist außerhalb der Kirchenmauer. Es ist der Friedhof. Die verstorbenen Mitbrüder sind im Halbkreis gebettet.

Vom Glauben inspirierte Architektur. Sie bedeutet: Was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen, die irdische Wirklichkeit, ist nur die eine Hälfte der Wirklichkeit. Die sinnliche Erfahrung will uns einreden: Was wir sehen und angreifen können, das sei schon die ganze Wirklichkeit. Aber der christliche Glaube streckt sich auf das Unsichtbare aus, indem er sagt: Es gibt eine Wirklichkeit, die das Irdische übersteigt.

Die 2. Botschaft: Diejenigen, die im Kloster leben, gehen ihren Weg im Glauben. Diejenigen, die außerhalb der Mauern in der Erde liegen, gehören dazu. Gemeinsam kommen die Halbkreise zusammen und bilden das Ganze, die Gemeinschaft der Heiligen, wie es im Glaubensbekenntnis heißt. Allerheiligen erinnert: Unsere Hoffnung umfasst die gesamte Schöpfung und das Heil aller Menschen. Das letzte Glück, die endgültige Freude bei Gott gibt es nur gemeinsam. Die Heiligen, die angekommen sind, die Verstorbenen – sie haben noch nicht die volle Freude des Angekommenseins, solange wir noch unterwegs und noch nicht da sind. Sie warten auf uns. So gesehen passt es, wenn das Totengedenken auch schon am Allerheiligentag stattfindet.

Zwei Halbkreise: Gemeinsamer Bezugspunkt der Lebenden und der Toten bleibt der Tabernakel, also Christus. Er ist für alle gestorben. Er bleibt der Mittelpunkt der Welt, für die Lebenden und die Toten, für die Heiligen hier und dort – bis er einmal das All dem Vater übergibt.

Christoph Benke

Zuerst Nein, und dann doch Ja?

Dr. Christoph BenkeWie reagieren wir auf Aufforderungen? Sagen wir sofort Ja und tun dann doch nichts, oder sagen wir zunächst Nein und kehren später um?

Das stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 26. Sonntag im Jahreskreis – 1.10.2023 in Schönbrunn-Vorpark ins Zentrum seiner Predigt.


Die Familie, in der wir aufwuchsen, prägt uns, ein Leben lang. Hier fallen viele Vorentscheidungen. Das Verhältnis zum Vater, zur Mutter; ob es Geschwister gab, wie die Atmosphäre war – das hat Einfluss auf uns, guten oder unguten.

Das Sonntagsevangelium spricht von zwei Söhnen. Der eine verspricht Gehorsam, führt ihn aber nicht aus. Der andere verweigert den Gehorsam, leistet ihn aber später doch. Gehen wir davon aus, dass wir uns in beiden Söhnen wiederfinden!

Jesus sagt damit: Es kommt auf das Tun an. Und könnte es nicht sein, dass der eine Sohn als Musterkind dastehen wollte? Und sich damit automatisch, ohne es zu wissen, über andere erheben wollte?

Das Zweite, was uns Jesus mitgibt: Späte Umkehr ist besser als Selbstgerechtigkeit. Lebenswege sind oft sehr verworren. Man verliert sich in Ab- und Umwegen, kommt weit weg von Gott. Man sagt vielleicht, so wie der zweite Sohn, dem Vater ein deutliches Nein. Aber muss man nicht, um Nein sagen zu können, zunächst das Wort Gottes und seinen Anspruch gehört haben? Das Wort klingt nach und wirkt nach. Tief drinnen weiß der Mensch um diesen Anspruch.

Eine späte Umkehr – wie der Schächer am Kreuz – ist für Gott so wesentlich, dass er alles, was in diesem Menschenleben verkehrt war, wegwischt. Gott beginnt mit diesem Menschen eine neue Lebensrechnung. Der Mensch muss mit seiner Geschichte leben und mit ihr zurechtkommen. Sie geht mit ihm. Aber für Gott beginnt etwas Neues.

Deshalb können die Zöllner und Dirnen noch vor den Pharisäern ins Himmelreich gelangen.

Christoph Benke

Farbe bekennen

Dr. Christoph BenkeWer ist Jesus Christus für mich? Es darf hier keinen Farbzwang geben; wir sind aber aufgerufen, Farbe zu bekennen.

Das stellte Dr. Christoph Benke in seiner Predigt am 21. Sonntag im Jahreskreis – 27.08.2023 in Schönbrunn-Vorpark ins Zentrum seiner Predigt.


Du musst Farbe bekennen! Wer das hört, weiß: Jetzt muss ich meine Meinung klar äußern; muss sagen, wozu ich stehe; eine klare Haltung einnehmen. – Die Wendung stammt aus dem Kartenspiel. Dort herrscht manchmal Farbzwang: Der zuerst ausgespielten Farbe müssen auch die Mitspieler folgen.

Wo und wann in unserem Leben war Farbe bekennen gefragt? Es waren Situationen der Entscheidung: eine berufliche Wahl, ein Umzug, eine politische Krise. Farbe bekennen geht noch mehr unter die Haut, wenn es um Beziehungen geht: Wie stehst du zu mir? Wie stehe ich zu Dir?

Die Jünger haben Jesus eine geraume Weile kennengelernt. Sie sind mit ihm durchs Land gezogen, haben ihn erlebt, seine Predigt, seine Heilungen, die Art, wie er mit den Menschen, besonders mit den Armen, umgeht. Sie konnten sich schon ein Bild von ihm machen. Jetzt sind sie von Jesus gefragt: Für wen halten die Menschen den Menschensohn? (V 13) Nach den Antworten, die damals kursierten, geht es an den Kern: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? (V 15) Jesus fragt nach der Beziehung: Wie steht ihr zu mir? Wer bin ich für euch? Um zu einem persönlichen Standpunkt zu finden, hilft uns der Vater Jesu: nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel (V 17).

Wer ist Jesus Christus für mich? Was könnte ich darauf sagen? Es wäre ein Bekenntnis – so, wie es mir möglich ist, wie tief meine Liebe zu Jesus ist. Hier gilt allerdings: Farbe bekennen – ja, aber Farbzwang: nein. In der Liebe hat Zwang keinen Platz, sondern nur das, wozu man sich, geleitet von der Liebe, frei hingezogen weiß.

Christoph Benke