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Scheitern

Dr. Nikolaus KrasaLernen ist oft mit Scheitern verbunden. Wie zeigt sich das in den Berichten rund um Ostern, und was bedeutet das für uns? Das stellte Generalvikar Dr. Nikolaus Krasa ins Zentrum seiner Predigt in Schönbrunn Vorpark am Gründonnerstag 2024.


Wie geht Lernen durch Erfahrungen des Scheiterns? Eigentlich erzählt der heutige Tag zwei Geschichten des Scheiterns: Da gibt es den, der sich für den vernünftigeren, vielleicht lukrativeren Weg entscheidet: Judas; da gibt es den, der im Brustton der Überzeugung auf seinen eigenen Mut baut: Petrus

Das ist etwas, das in unserer Kultur wenig Platz hat, das Scheitern. Wir sind erfolgreich, wir sind stark, wir sind gut… Und wenn ich an das Luegerdenkmal und die Diskussionen darum denke, an die Diskussionen um Straßennamen, dann frage ich mich, ob es wirklich klug ist, diese „auszumerzen“, nur weil die Namensgeber etwa nationalsozialistische Vergangenheit haben. Vielleicht würde es uns besser tun, uns daran zu erinnern, dass das Teil unserer Geschichte ist, nicht versuchen, diese dunklen Flecken unserer Geschichte zu tilgen. Zum Wachstum gehört Scheitern dazu, gehört die Erfahrung der eigenen Grenzen dazu. Ganz Mensch werde ich nicht, wenn ich die dunklen Bereiche meiner Seele ignoriere, ganz Mensch werde ich, wenn ich sie wahrnehme. Das ist der eine Aspekt des Scheiterns. Es lässt mich erkennen, wie ich bin. 

Dann gibt es eine zweite Dimension des Scheiterns, die zweite Dimension des Scheiterns zeigt sich im Verhalten Jesu, das heute im Mittelpunkt der Liturgie steht. Er wäscht seinen Jüngern die Füße. Also: Er macht sich, trotz der Mängel der Jünger, zu ihrem Diener. Er zeigt ihnen seine Zuneigung und – würde man heute sagen – seine Wertschätzung. Er wäscht ihnen die Füße und nicht den Kopf. Das ist die Pädagogik Jesu im Umgang mit unserem Scheitern. 

Gibt es einen Unterschied zwischen Judas, Petrus und den anderen Jüngern? Eigentlich nicht wirklich. Denn alle gehen letztlich weg, den Weg Jesu zunächst nicht mit letzter Konsequenz nach. Unter dem Kreuz stehen nach dem Johannesevangelium nur mehr der Jünger, den Jesus liebte, und Maria. Die Ostergeschichten, mit denen das Lukasevangelium beginnt, berichten von 2 Jüngern, die von Jerusalem aus auf dem Weg nach Hause sind, nach Emmaus. Und es ist Jesus, der den Jüngern nachgeht, sich zeigt. Die ersten Worte des Auferstandenen an die Jünger sind bekanntermaßen: „Friede sei mit euch“ – und keine Kopfwäsche, für die Jesus sicher jeden Grund gehabt hätte. So übersetzt sich der Gestus des Fußwaschens in die Haltung Jesu: Er geht nach, er gibt Raum für Irrwege, er bleibt aus Liebe treu zu seinen Jüngern. 

In der Wirtschaft, bei der Begleitung von Führungskräften, gibt es das Angebot der sog. fuck up night. Sie wissen, to fuck up heißt im Englischen so viel wie: Etwas völlig in den Sand setzen, grundlegend scheitern. Führungskräfte werden eingeladen, einander Erfahrungen des Scheiterns, die sie gemacht haben, zu erzählen. Die Übung tut gut, weil das Scheitern eine starke verbindende Erfahrung ist, wenn man merkt, dass auch andere diese Erfahrung gemacht haben. In unserer Kirche hat sich dazu in unterschiedlichen Entwicklungsschritten das Sakrament der Beichte entwickelt, als Möglichkeit sich mit seinem Scheitern zu konfrontieren, einen Schritt dabei zu wachsen und letztlich das zu hören, was Jesus seinen gescheiterten Jüngern am Ostertag sagt: „Der Friede sei mit dir.“ Und das zu erleben, was Jesus im Abendmahlssaal an seinen Jüngern tut: Ihnen nicht den Kopf, sondern die Füße zu waschen. 

Nikolaus Krasa

Ostergeheimnis prägt unser ganzes Leben!

Dr. Nikolaus KrasaWir sind mit Christus, dem anderen König, unterwegs; unsere Aufgabe als Christen ist es, uns an ihm zu orientieren. Es geht darum, uns von ihm verwandeln zu lassen, „damit das Ostergeheimnis unser ganzes Leben prägt.“

Das legte Generalvikar Dr. Nikolaus Krasa in seiner Predigt zu Joh 13, 1-15 den die Liturgie des Gründonnerstags Mitfeiernden in der Gemeinde Schönbrunn-Vorpark dar; er baute in seiner Predigt auch die Brücke vom Palmsonntag bis zur Osterzeit.

 


Sie steht noch da, die Krone, die unsere Kinder vor wenigen Tagen in die Kirche hereingetragen und anschließend bei ihrer Kinderpassion mit einzelnen Ereignissen aus der Passion beklebt haben. Diesem König sind wir zunächst bei seinem Einzug nach Jerusalem begegnet, haben das Hosianna gehört, das die Menschen ihrem König Jesus gesungen haben, dem Nachfahren Davids, dem sie so viel zugetraut haben. Wir haben dann gehört, wie er einzieht, dass er sich ein Bild aus dem Buch des Propheten Sacharia ausgeborgt hat, um zu zeigen, wie er sein Königtum anlegen möchte. Auf einem Esel zieht er, der demütige König aus dem Hause Davids nach Jerusalem ein …

Und vielleicht erinnern Sie sich noch an die Stille, die im Raum war, als die Passion Jesu verklungen war. Stille, weil wir vielleicht instinktiv gespürt haben, da gibt es nicht mehr viel zu sagen. Die großen Fragen des Palmsonntags sind nicht: Hat Jesus alles richtig gemacht? Oder: Wie war das damals? Oder: Was können wir daraus für uns lernen? Die einzige Frage ist: Sind wir bereit mitzugehen?

Warum ich uns an den Palmsonntag erinnere? Weil wir heute einen Schritt weitergehen. Die Frage des Mitgehen ist geklärt. Sie sind da. Die neue Frage lautet: Was passiert denn, wenn wir mit Jesus auf diesem Weg unterwegs sind? Oder, um es modern zu formulieren: Was macht dieser Weg mit uns? Ja, auch heute begegnen wir Jesus, dem König. Und Johannes macht das in der Schilderung des heutigen Evangeliums ganz deutlich.

Jesus agiert souverän. In der Sprache des Johannesevangeliums: Er handelt in dem Wissen, dass er alles, was der Vater ihm gegeben hat, in seine Hände gelegt hat und dass er von Gott kommt und Gott gehorcht. Er weiß um sich, wer er ist, wo er herkommt und wo er hingeht, um seine Beziehung zum Vater, um seine Macht. Er weiß, dass ihm der Vater alles in die Hände gegeben hat. Aus diesem Wissen und dieser Macht gestaltet er das, was danach passiert, souverän. 

Eine kurze Nebenbemerkung oder besser Anregung für die morgige Liturgie (oder für das persönliche Bibellesen): Hören Sie morgen genau hin, wie oft dieses souveräne Handeln Jesu von Johannes in der Passionsgeschichte besonders betont wird, und wie das, eng mit unserem Text verbunden, sich nochmals im Tod Jesu ausdrückt. Er weiß, dass alles vollbracht ist, er gibt seinen Geist (mit demselben Wort ἔδωκεν). 

Wie aber, in welcher Handlung drückt sich die Souveränität Jesu aus, sein königliches Handeln? Er setzt ein Zeichen, tut den Sklavendienst der Fußwaschung. Petrus, der versteht, dass das eigentlich gar nicht geht, protestiert. „Ich sollte dir die Füße waschen, nicht du mir“. Ein Zeichen, das, so weit sind wir schon, zu seinem besonderen Verständnis von Königtum passt, er kommt eben nicht auf einem gewaltigen Schlachtross daher, sondern auf einem Esel, der demütige König aus dem Hause David. Aber warum? Eine doppelte, und ganz einfache, Antwort aus dem Evangelium: „Wenn ich dir nicht die Füße wasche, hast du keinen Anteil an mir“, sagt Jesus dem protestierenden Petrus. Es geht darum, Anteil an Jesus zu haben. Was das heißt? Im heutigen Evangelium ganz schlicht: „Handelt so wie ich an euch!“, so der Schlusssatz.

Blicken wir auf das weitere Johannesevangelium: Sie wissen vielleicht: Nach der heutigen Szene berichtet Johannes von einer langen Rede Jesu an seine Jünger, bevor er dann zum Ölberg aufbricht – wir hören daraus jedes Jahr ab dem 4. Ostersonntag die Evangelien: Da wird vom Weinstock die Rede sein, an dem wir bleiben sollen wie die Rebzweige, von der Liebe, die uns verbindet, die an ihm Maß nimmt („Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“), vom Paraklet, dem Hl. Geist, davon dass er in uns wohnt und wir in ihm und so letztlich in Gott wohnen. Also in aller Kürze.

Es geht nicht um ein oberflächliches Nachahmen Jesu, sondern letztlich darum, verwandelt zu werden, in ihn hinein. Sodass wir mit Paulus sagen können: Nicht mehr ich lebe, sondern Christus in mir. Und damit sind wir bei unserer Frage vom Beginn: Ziel des Mitgehens mit ihm ist es, von ihm verwandelt zu werden, Christen zu werden, das heißt, um eine Predigt von Augustinus an Neugetaufte zu zitieren: Christus zu werden. 

Es ist schon erstaunlich, dass Johannes, dem die Zeichen, wie er die Wunder nennt, doch so wichtig sind (die letzten beiden, die Heilung des Blindgeborenen und die Erweckung des Lazarus, haben wir an den letzten beiden Fastensonntagen gehört) gerade das Zeichen der Eucharistie nur in einem Nebensatz erwähnt. Die Wandlung der Gaben von Brot und Wein ist ihm offenbar nicht so wichtig wie das, was dadurch geschehen könnte: Unsere Verwandlung. Denn das ist der Sinn von Ostern, vom Christsein, davon, Jesus nachzufolgen – wie es ein Gebet in der Osterzeit formuliert: Damit das Ostergeheimnis unser ganzes Leben prägt und verwandelt. 

Generalvikar Nikolaus Krasa

Gründonnerstag 2023

Am Nachmittag des Gründonnerstags waren Kinder und Familien zur Abendmahlfeier in die Kirche eingeladen. Am Ende der Feier wurde gemeinsam Brot geteilt und Traubensaft getrunken. Beim feierlichen Gottesdienst am Abend des Gründonnerstags ist die Fußwaschung ein fixer Bestandteil der Messe.

Hier der Text der Gründonnerstags-Predigt  von Generalvikar Dr. Nikolaus Krasa. 

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