Aufschauen zum Kreuz – Predigt

Erhobenes Kreuz als symbolische Aktion
Ein erhobenes Kreuz in der Hand: Das zieht sofort den Blick auf sich. Was will ich damit? Will ich Gutes oder Schlechtes? Will ich was zeigen – oder will ich von den Menschen etwas, die darauf schauen?
– Die Hand mit dem Kreuz – sie findet sich auf ganz vielen Kanzeln in Österreich und Deutschland. Hier war sie ein Zeichen des wahren Glaubens im Kampf zwischen Katholiken und Protestanten. Es war ein Zeichen der Glaubensmacht, mit der nicht nur Gutes angerichtet worden ist.
– Die Hand mit dem Kreuz findet sich auch auf vielen Darstellungen der Mission in früherer Zeit.
– Aber das Kreuz wird positiv heute noch zu vielen Gelegenheiten erhöht; so heißt es nicht zuletzt am Grab: Das Kreuz Jesu Christi sei aufgerichtet über deinem Grab. Das Kreuz wird vorangetragen bei Prozessionen.
Das Kreuz ist somit für uns heute ein Zeichen der Rettung; ein Zeichen, dass da einer ist, der stärker ist als der Tod.
Rettung durch das Aufschauen bei Mose
Die Lesung aus dem Alten Testament erzählt etwas Ähnliches: Menschen sterben wegen einer Schlangenplage – da richtet Mose eine eiserne Schlange an einem Stab auf – und wer darauf blickt, der wird gerettet. Aber nicht der Stab oder die eiserne Schlange rettet, sondern Gott ist es, an den sie dabei denken sollen.
So ist es auch hier bei uns: Das Kreuz ist ein Zeichen, das uns auf Jesus verweist, auf sein Leiden und Sterben; auf sein Mitleiden mit uns. Dabei fallen mir einige wichtige Aspekte auf:
Aufschauen verändert Blick und Haltung
Da ist zunächst das Aufschauen:
- Aufschauen bedeutet: Ich hebe meinen Kopf auf; ich versinke nicht in mich selbst.
- den Blick von mir und meinem Leid wegwenden
- Hilfe von außen, von oben erhoffen und annehmen können
- zugeben, dass ich nicht alles selbst leisten oder schaffen kann
- Aufschauen – das ist der Schritt weg vom Niedergeschlagen-Sein. Heute sprechen wir von der „De-Pression“: niedergedrückt, bedrückt zu sein vom Leben, von Leid, von Sorgen.
- Aufschauen ist ein Schritt hinaus aus der Niedergeschlagenheit.
Wie schön ist da z.B. der Psalm 121: „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen … Von wem kommt mir Hilfe? Die Hilfe kommt von meinem Herren …“
Auf das Kreuz schauen
Und an diesem Fest schauen wir auf zum Kreuz:
- Das Kreuz anzusehen bedeutet: Ich erwarte Hilfe: von einem, der selber gelitten hat; nicht von einem Star, nicht von einem unberührbaren Gott, dem ich egal bin.
- Kreuz sagt nicht sofortige Hilfe zu, sondern: Da ist einer, der mitleidet; einer der weiß, was Freude und Menschsein heißt – aber auch, was Leiden und Schmerzen haben bedeutet.
- Dieser Jesus nimmt mir mein Kreuz nicht ab – aber er trägt an meinem Kreuz mit. Ich bin mit meinem Kreuz, mit meinem Leid nicht allein.
- Der Blick aufs Kreuz verbindet mich mit den vielen Kreuzen, die es seit der Zeit Jesu gegeben hat und auch heute noch gibt: Leid und Sorgen der Menschen – die dieser Jesus alle in seinem Leid am Kreuz mitgetragen hat.
Und schließlich dürfen wir als Christen nicht vergessen: Das Kreuz ist nicht der Endpunkt. Es hatte in der frühen Christenheit eigentlich noch kaum eine Bedeutung – denn das Wichtige war die Auferstehung. Die wichtigste Botschaft lautete: Er, der tot war, lebt – und wir mit ihm.
Es ging den ersten Christen vor allem um diese neue Gemeinschaft mit diesem Jesus; um den neuen Weg eines Lebens der Liebe zu den Nächsten und zu Gott.
Erst etwas später hat man dann auch das Kreuz als Heilszeichen entdeckt: Weil es eben die Auferstehung nicht ohne den Tod gibt; weil zum menschlichen Leben dieses Hindurchgehen durch Leid und Tod dazugehört.
Kreuzerhöhung – ein Fest für heute?
Und schließlich finde ich dieses Fest als ein spannendes Fest in der heutigen Zeit: Das Fest Kreuzerhöhung stellt das Scheitern in den Mittelpunkt; die Schmach eines Verurteilten und Ausgestoßenen.
Was ist das für ein Zeichen, dass wir einen am Kreuz Verurteilten als unseren Gott verehren – und gleichzeitig in einer Zeit leben, wo Menschen abgeschoben werden; wo nur zählt, was perfekt ist …
Das Kreuz ist zuallererst ein Zeichen des Scheiterns; ein Zeichen der Niederlage aller allzu menschlichen Machtphantasien. Wir dürfen dieses Kreuz nicht vorschnell verharmlosen – es ist und bleibt ein Skandalon, ein Ärgernis; es bleibt das letzte Wort Jesu am Kreuz: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen.“
Erst durch die Auferstehung wird es zum Zeichen, dass es eine höhere Macht gibt als die menschliche; dass der Tod nicht das letzte Wort hat
Schluss
Aufschauen zum Kreuz – das befreit aus Niedergeschlagenheit.
Aufschauen zum Kreuz – das kann befreien von Hoffnungslosigkeit.
Dies geschieht nicht automatisch wie durch Magie oder Zauber; sondern es gehört auch der Glaube an Gott dazu: der Glaube, dass er mich heilen will; dass er mich erlöst hat.
Ohne diesen Glauben ist das Kreuz nur ein Zeichen eines grausamen Todes – oder ein schönes Schmuckstück an der Wand.
Mit diesem Glauben aber wird es zum Zeichen des Lebens, das stärker ist als der Tod.

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Pfarre Hildegard Burjan | Erwin Gruber
Pfarre Hildegard Burjan